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Bibliographische Besonderheiten und Persönlichkeitsmerkmale von habilitierten Chirurginnen und Chirurgen in Deutschland
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Published: | August 31, 2015 |
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Fragestellung/Einleitung: Nur ca. 10% der Medizinabsolventinnen und -absolventen streben eine wissenschaftliche Karriere an, was auf einen zukünftigen Mangel an Führungskräften insb. auch in der Chirurgie hinweist. Zur Analyse entsprechender Persönlichkeitsmerkmale und Einflussfaktoren wurden in einer Querschnittsuntersuchung habilitierte Chirurginnen und Chirurgen befragt.
Methoden: Per Internet wurden 93 habilitierte Chirurginnen in Deutschland identifiziert und mit 200 habilitierten Chirurgen zur anonymisierten Online-Befragung mit 104 Items eingeladen. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptive Statistik, Reliabilität, Mittelwert-Vergleiche und Korrelationsanalysen (SPSS).
Ergebnisse: Die untersuchte Stichprobe bestand aus N=65 Chirurginnen und N=70 Chirurgen (Rücklaufquote 70% bzw. 35%). Die Habilitation erfolgte im Mittel mit 39 Jahren. Der Anteil der operativen Tätigkeit in der Arbeitswoche war mit 44% und 49% vergleichbar, während Chirurginnen mehr Zeit in Forschung und Lehre verbrachten als ihre Kollegen (p<0,01). 77% der Chirurginnen waren Mütter mit durchschnittlich 1,5 Kindern und 83% der Chirurgen waren Väter mit durchschnittlich 3,2 Kindern. Die Frauen waren bei der Geburt des 1. Kindes signifikant älter (36,9 versus 32,9 Jahre). Die Partner der Chirurginnen waren mit 51 Arbeitswochenstunden tätig, während die Partnerinnen der Chirurgen durchschnittlich 23 Wochenstunden arbeiteten.
Bei der Einschätzung der Persönlichkeitsmerkmale für die eigene chirurgische Karriere wurden „Belastbarkeit“, „Verantwortungsbewusstsein“ und „Durchsetzungsvermögen“ hoch gewertet. Die Eigenschaften „gute Selbstorganisation“, „Gewissenhaftigkeit“ und „Risikobereitschaft“ empfanden Chirurginnen wichtiger, während Chirurgen der „Anpassungsfähigkeit“ mehr Bedeutung beimaßen (p<0,05). Bei der Einschätzung der förderlichen Faktoren für den beruflichen Aufstieg wurden „Ehrgeiz“, „hohe Fachexpertise“ und eine „angemessene operative Tätigkeit“ genannt. Eher hinderlich wurden „Arbeitspensum“, „Arbeitszeiten“ und das „Geschlecht“ empfunden, letzteres mit höherer Wichtung bei den Frauen (p<0,05).
Es wurden die Untergruppen der beruflich „besonders zufriedenen“ Chirurginnen (N=17, 27,4%) und Chirurgen (N=22, 31,4%) basierend auf einer hohen Selbsteinschätzung (80-90%) ausgewählt. Bei den Chirurginnen leisteten die Prädiktoren „Unterstützung durch Vorgesetzte“ (Beta Koeffizient= 0,41) und „manuelle Geschicklichkeit“ (0,41) einen relevanten Beitrag zur Vorhersage der beruflichen Zufriedenheit. Auffallend war, dass sich bei den Chirurginnen jede Form der Kinderbetreuung als negativer Einfluss auf eine hohe Berufszufriedenheit auswirkte (-1,33 bis -0,48).
Angebote zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Karriereentwicklung wurden von beiden Geschlechtern genutzt. 56% der Befragten konnte auf Angebote zur Nachwuchsförderung, Supervision oder Personalentwicklung zurückgreifen. 33% hatten keine Unterstützung bei Kinderbetreuung oder Teilzeitarbeitsmodellen.
Diskussion/Schlussfolgerung: Aus den Ergebnissen der Umfragestudie können potenzielle Maßnahmen abgeleitet werden, die die Karriere von Chirurginnen und Chirurgen gezielt unterstützen und die Nachwuchsbildung unter Gleichstellungsaspekten fördern.