Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P665
DOI: 10.1055/s-2007-987936

Ungewöhnliche familiäre Verlaufsvarianten bei Komorbidität eines Morbus Wilson und einer erythropoetischen Protoporphyrie

K Richter 1, M Eßer 1, A Grau 1
  • 1Ludwigshafen

Die erythropoetische Protoporphyrie ist eine autosomal dominant vererbte Störung der Hämsynthese, die sich als Photodermatose mit Beteiligung von Leber und Knochenmark bemerkbar macht. Zentrale, insbesondere extrapyramidale Störungen sind hierbei nicht beschrieben. Der Morbus Wilson ist eine autosomal rezessiv vererbte Störung des Kupferstoffwechsels, die zu pathologischen Ablagerungen des resorbierten Kupfers in Leber, Basalganglien, Hirnstamm und Kleinhirnstrukturen führt mit klinisch-neurologisch imponierenden extrapyramidalen Störungen.

Wir berichten von einem Schwesternpaar, bei welchem beide an der Kombination eines M. Wilson und einer erythropoetischen Protoporphyrie erkrankt sind. Dabei wurde die Diagnose der erythropoetischen Protoporphyrie bereits bei beiden im Kindesalter gestellt. Die 23-jährige alte jüngere der beiden Schwestern entwickelte zunächst diskrete neurologische Zeichen. Innerhalb von neun Monaten war die Symptomatik rasch progredient mit Entwicklung einer schweren generalisierten Dystonie. Zusätzlich kompliziert wurde der Verlauf durch das Austragen einer Schwangerschaft. Ursache der Symptome war das zusätzliche Vorliegen eines Morbus Wilson mit ausgeprägten zerebralen, aber ohne wesentliche hepatische Veränderungen. Die ältere Schwester wurde kurz vor Auftreten der neurologischen Symptome der jüngeren Schwester aufgrund der Komplikationen der erythropoetischen Protoporphyrie mit schweren hepatischen Veränderungen lebertransplantiert. Bei ihr lagen zu keiner Zeit klinisch-neurologische Auffälligkeiten vor. Erst nach Erkrankungsbeginn der jüngeren Schwester ließ sich im Nachhinein auch bei ihr ein M. Wilson sichern.

Trotz vermutlich gleicher genetischer Ursachen beider Erkrankungen bei dem Geschwisterpaar kann die klinische Präsentation sehr unterschiedlich sein. Ob die Porphyrie hierbei ein ungünstiger Kofaktor ist oder ob vor allem die Kombination in Verbindung mit der Schwangerschaft den rasch progredienten Verlauf hervorgerufen hat, bleibt spekulativ. Eine Kombination beider Erkrankungen bei einem Patienten und insbesondere bei einem Geschwisterpaar wurde bisher noch nicht beschrieben.