Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V28
DOI: 10.1055/s-2007-987445

Detektion von adulter Neurogenese im Menschen mithilfe des 14C-Atombombenpeaks

O Bergmann 1, KL Spalding 1, RD Bhardwaj 1, K Alkass 1, H Druid 1, BA Buchholz 1, J Frisén 1
  • 1Stockholm, S; Livermore, USA

Einleitung: Die adulte Neubildung von Neuronen im Menschen ist weiterhin nicht vollständig aufgeklärt. Modelle in Nagetieren zeigen, dass mindestens zwei neurogene Zonen existieren, in welchen auch im Erwachsenenalter Neurone generiert werden: die granuläre Zellschicht des Hippocampus und der Bulbus olfactorius. Weiterhin gibt es Hinweise, dass im Neocortex von Nagetieren und Primaten adulte Neurogenese unter normalen Bedingungen und insbesondere bei pathologischen Veränderungen möglich ist. Aufgrund der methodischen Einschränkungen bei Untersuchungen am Menschen gibt es hier jedoch bislang keine gesicherten Erkenntnisse. Die 14C-Datierung ermöglicht die Detektion von Altersunterschieden innerhalb verschiedener neuronalen Populationen und gibt somit neuartige Einblicke in die Neogenese im menschlichen Gehirn.

Fragestellung: In welchem Umfang und in welcher zeitlichen Verteilung werden Neurone im erwachsenen Menschen unter normalen und pathologischen Bedingungen neugebildet?

Methoden: Oberirdische Atombombentest in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts führten zu einer Verdoppelung des natürlichen 14C-Gehaltes der Atmosphäre, welcher 1963 nach dem Atomteststoppvertrages exponentiell wieder abfiel. Wir haben gezeigt, dass der 14C-Gehalt in genomischer DNS mit einer geringen zeitlichen Verzögerung mit dem des atmosphärisch gemessenen 14C-Gehaltes korreliert. Unter Verwendung des spezifischen neuronalen Antikörpers NeuN war es uns möglich mithilfe der Durchflusszytometrie eine Separation von neuronalen und nicht-neuronalen Zellkernen aus post mortem Hirngewebe durchzuführen, welche eine 14C-Datierung der jeweiligen DNS und damit eine Bestimmung des Zellalters der Population ermöglichte.

Resultate: Die Analyse des genomischen 14C-Gehaltes der neuronalen Population in allen Arealen des cerebralen Cortex zeigte 14C-Werte, welche 0,0±0,4 Jahre (n=5) vom jeweiligen 14C-Wertes des Geburtsjahres abwichen. Eine Analyse der nicht-neuronalen Population zeigte eine Abweichung von 4,9±1,1 (n=5) Jahren vom jeweiligen Geburtsjahr.

Schlussfolgerungen: Während innerhalb der nicht-neuronalen Zellpopulation zu einem gewissen Grad Zellproliferation nachgewiesen werden konnte, scheint Neurogenese im humanen Neocortex, auf die Embryonalperiode beschränkt zu sein. Vorläufige Ergebnisse bezüglich neuronaler Neubildung im humanen Hippocampus und bei pathologischen Hirnveränderungen werden im Zusammenhang mit möglichen regenerativen Ansätzen diskutiert.