Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P402
DOI: 10.1055/s-2006-953227

Differentielle Effekte der Kortikoid-Pulstherapie auf MS-Schubsymptome

B. Rumberg 1, W. Visser 1, M. Haupts 1
  • 1Bochum

Einleitung: Die Kortikoid-Pulstherapie ist gemäß aktueller Leitlinien der DGN indiziert zur Therapie akuter Schubsymptome bei MS. Zielsetzung unserer Arbeit war es, das Ausmaß der Effekte in verschiedenen neurologischen Funktionssystemen zu analysieren.

Methodik: Wir führten eine prospektive Erfassung von MS-Patienten mit akuter Schubsymptomatik unter standardisierter Therapie mit 5×1000mg Prednisonäquivalent intravenös mit Differenzierung neurologischer funktioneller Systeme gemäß Kurtzke (1983) durch.

Ergebnisse: Das mittlere Alter der Patienten betrug 33,9 Jahre (±8,5), die durchschnittliche Krankheitsdauer 4,6 Jahre (±4,6). 50% zeigten eine schubförmig-remittierende, 29% eine Erstmanifestation der MS, 21% primär oder sekundär chronisch-progrediente Verläufe. Der mittlere EDSS betrug initial 3,8 (±1,7), nach 5 Tagen Therapie 3,0 (±2,1). Bei Patienten mit einer Erkrankungsdauer von maximal 2 Jahren betrug der initiale EDSS 3,0 (±1,5), direkt nach Therapieende 1,9 (±1,6); bei einer Erkrankungsdauer von mehr als zwei Jahren lagen die EDSS-Werte initial bei 4,8 (±1,6), nach Therapieende bei 4,5 (±1,9).

Unmittelbar nach Abschluss der Therapie besserten sich im Gesamtkollektiv jeweils bis zu 60% der zerebellären, visuellen sowie motorischen Symptome. Dagegen sprachen sensible Symptome nur zu 33% an, Blasen-/Mastdarmstörungen zu 29% sowie Hirnstammaffektionen in lediglich 25% der Fälle. Bereits eine Woche nach Therapieende fanden sich im Pyramidenbahnsystem und in der Blasen-/Mastdarmfunktion wieder einzelne Symptom-Verschlechterungen. Weitere Verbesserungen imponierten hingegen bei zerebellären, sensiblen und Sehbahn-Affektionen.

Schlussfolgerungen: In Übereinstimmung mit der gegenwärtigen Literatur zeigt sich unter intravenöser Kortikoid-Pulstherapie eine rasche Besserung akuter neurologischer Symptome bei MS, die aber nicht alle Patienten und alle Störungen gleichmäßig betrifft. Einzelne neurologische Funktionssysteme zeigen offensichtlich differentielle Ansprechraten.