Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P349
DOI: 10.1055/s-2006-953174

Parkinson-Patienten am Klavier: Quantitative Untersuchungen zur Feinmotorik mittels MIDI-Technologie

A. Bullermann 1, J. Grosskreutz 1, R. Dengler 1, C. Schrader 1, T. Peschel 1
  • 1Hannover

Fragestellung: Die Beweglichkeitsstörungen beim idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPD) werden eher theoretisch in Hypokinese (Bewegungsverlangsamung), Bradykinese (Amplitudenminderung) und Akinese (Hemmung des Bewegungsstarts) eingeteilt. Diese tragen unter den motorischen Kardinalsymptomen des IPD am deutlichsten zur Gesamtbehinderung der Patienten bei. Ziel dieser Pilotstudie war es, die Möglichkeiten der MIDI-Technologie (Musical Instrument Digital Interface) für eine genauere Charakterisierung der einzelnen feinmotorischen Komponenten am Beispiel des IPD zu evaluieren.

Methoden: 25 Patienten mit IPD (im medikamentösen ON) sowie 31 gesunde Kontrollen, die nie zuvor ein Musikinstrument gespielt hatten, wurden an einem elektronischen Klavier (Yamaha CLP 110) untersucht. Dabei wurden fünf unterschiedliche Übungen für jeweils 15 Sekunden zweimalig bei definierter Lautstärke mit höchstmöglicher Geschwindigkeit ausgeführt: Einzeltapping mit dem Zeigefinger (2. F.), Triller (zwischen 2. u. 3. F.), Sequenz (1–2-3–4-5–4-3–2-1–2-3-usw.), Fingersprünge (mit dem Zeigefinger im Wechsel über 2 Oktaven).

Berechnet wurden die Frequenz (F), Anschlagsgeschwindigkeit (V), Anschlagsdauer (DUR), das Intervall zwischen zwei Tastenanschlägen (IOI) sowie das Intervall vom Ende des einen bis zum Beginn des folgenden Anschlags (ISI) für jede Taste getrennt. Die Auswertung der Variablen erfolgte mit SPSS 13.0.

Ergebnisse: Die Anschlagsfrequenz wie -dauer waren bei allen Aufgaben bis auf die Sequenz, welche die höchsten koordinativen Aufgaben an die Probanden stellte, bei den IPD Patienten gegenüber Kontrollen vermindert. Die Anschlagsgeschwindigkeit zeigte sich signifikant beim Einzeltapping und den Fingersprüngen reduziert. Die einzigen Variablen, die sich bei allen Aufgaben zwischen Patienten und Kontrollen unterschieden, waren IOI und ISI.

Schlussfolgerungen: Mit einem einfachen Fingertapping konnte bereits gezeigt werden, dass sich die MIDI- Technologie zur objektiven Quantifizierung der Bewegungseinschränkung bei IPD Patienten eignet. Die Ergebnisse der vorliegen Pilotstudie deuten an, dass auch unterschiedliche Komponenten der Feinmotorik untersucht werden können, die für die Charakterisierung auch anderer Bewegungsstörungen genutzt werden könnten. Hierbei könnte die Frequenz ein Maß für die Hypokinese darstellen, die Anschlagsgeschwindigkeit als Parameter für die Bradykinese und das Intervall zwischen den Tastenanschlägen als Parameter für die Akinese genutzt werden.