Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P451
DOI: 10.1055/s-2004-833312

Differentialdiagnose der komplizierten spastischen Spinalparalyse mit dünnem Corpus callosum und Handmuskelatrophie

B Winner 1, G Uyanik 1, C Gross 1, W Schulte-Mattler 1, U Bogdahn 1, L Aigner 1, U Hehr 1, J Winkler 1
  • 1(Regensburg)

Die hereditäre Spastische Spinalparalyse (HSP) mit dünnem Corpus callosum (CC) ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung, die zu den komplizierten Formen der spastischen Spinalparalysen zählt. Einige Patienten mit HSP mit dünnem CC wurden in japanischen Familien beschrieben, mit Linkage zu Chromosom 15q13–15 (SPG 11). Ein dünnes CC ist jedoch auch in anderen genetischen Formen der HSP beschrieben worden, einige Genprodukte und Funktionen der Gene sind bereits bekannt, darunter SPG 1 (Genprodukt: L1-CAM), SPG 4 (Genprodukt: Spastin), SPG 7 (Genprodukt: Paraplegin), SPG 20 (Genprodukt: Spartin) und SPG 21 (Genprodukt: Masparadin).

Wir beschreiben den klinischen Verlauf und elektrophysiologische und bildgebende Veränderungen bei 3 Patienten mit HSP mit dünnem CC und Handmuskelatrophie. Diese Patienten boten eine zunehmende spastische Paraplegie, kognitive Einschränkungen und eine axonal-demyelinisierende, sensomotorische Neuropathie. Die Untersuchung der transcallosalen Inhibition zeigte, dass im Vergleich zu Kontrollen keine transcallosale Inhibition nachgewiesen werden konnte, und somit keine inhibitorischen Antworten über das CC vermittelt werden können. Diese Daten zeigen, dass sich eine progrediente axonale Degeneration bei der HSP sowohl in corticocorticalen Projektionen, der Pyramidenbahn und in peripheren Nerven entwickelt.

Differentialdiagnostisch wurde das Troyer Syndrom (SPG 20) in die molekulargenetische Abklärung einbezogen, das mit dünnem CC und Handmuskelatrophie beschrieben wurde. Jedoch konnte in unseren Indexpatienten im SPG 20 assoziierten Spartin Gen keine Mutation nachgewiesen werden. Die molekulargenetische Untersuchung unserer Patienten war vereinbar mit Linkage zu 15q13–15 (SPG 11). Das in dieser Region liegende Kandidatengen SLC12A6, assoziiert mit dem Andermann Syndrom, wies keine Mutation auf. Weitere mögliche Kandidatengene dieser Region werden derzeit untersucht.

(Förderung: Tom-Wahlig Stiftung, Jena)