Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P302
DOI: 10.1055/s-2004-833165

Hitzehyperalgesie bei Patienten mit idiopathischer peripherer Fazialisparese

R Rolke 1, C Schalber 1, W Magerl 1, F Birklein 1, M Dieterich 1, RD Treede 1, PP Urban 1
  • 1(Mainz)

Zielsetzung: Patienten mit idiopathischer peripherer Fazialisparese berichten häufig über sensible Phänomene über der betroffenen Wange. Um Parameter einer veränderten Sensorik im Gesicht zu erfassen, führten wir eine standardisierte quantitative sensorische Testung (QST) nach dem Protokoll des Deutschen Forschungsverbunds Neuropathischer Schmerz (DFNS) durch.

Methoden: Wir untersuchten 16 Patienten mit idiopathischer peripherer Fazialisparese und 32 gesunde Kontrollprobanden. Alle Patienten wurden innerhalb der ersten 3 Tage nach Beginn der Krankheitssymptome untersucht. Insgesamt wurden 7 Tests mit der Erfassung von 13 QST-Parametern über der ipsi- und kontralateralen Stirn und Wange durchgeführt (Kälte- und Wärmedetektionsschwelle, thermische Unterschiedsschwelle, paradoxe Hitzeempfindungen, Kälte- und Hitzeschmerzschwelle; mechanische Wahrnehmungsschwelle für von Frey-Filamente, mechanische Schmerzschwelle und SR-Funktion für Pinprick-Reize, mechanisch-dynamische Allodynie, Windup, Vibrationsschwelle, Druckschmerzschwelle).

Ergebnisse: Die Hitzeschmerzschwelle über dem ipsilateralen Gesicht war um 1.3°C signifikant erniedrigt (p=0.036; ANOVA; LSD post hoc-test), während sich hier kein Unterschied zwischen Stirn und Wange fand. Alle anderen Schmerzschwellen waren nicht reduziert (p>0.16). Zusätzlich waren thermische und mechanische Wahrnehmungsschwellen dem Trend nach über dem betroffenen Gesichtsabschnitt erhöht. Dieser Effekt war jedoch nur für die Kältedetektionsschwelle signifikant (p=0.02; ANOVA; LSD post hoc-test) – erneut ohne Unterschied zwischen Stirn und Wange. Alle diese QST-Befunde korrelierten nicht mit der beobachteten Häufigkeit von Dysästhesien (bei 6 von 16 Patienten).

Zusammenfassung: Unser Befund einer Hitzehyperalgesie über dem betroffenen Gesichtsbereich bei Patienten mit idiopathischer peripherer Fazialisparese ist mit einer peripheren Sensibilisierung nozizeptiver Neurone vereinbar, wahrscheinlich in Zusammenhang mit einer trigeminalen Beteiligung bei diesem Krankheitsbild. Dieser Befund unterstützt das alte Konzept einer Polyneuritis cranialis bei diesen Patienten mehr als die gängige Hypothese einer Mononeuritis facialis (Adour et al., Arch Otolaryngol 1976;102:262–264).

Mit Unterstützung des DFNS (BMBF Förderkennzeichen 01EM0107).