Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P458
DOI: 10.1055/s-0029-1238552

Erhöhter postoperativer Opiatverbrauch bei Morbus Crohn ist nicht assoziiert mit veränderten Schmerzschwellen oder mit Varianten der OPRM1 und COMT Gene

S Leis 1, K Hühne 1, T Münster 1, A Wehrfritz 1, S Winter 1, C Maihöfner 1, T Förtsch 1, R Croner 1, A Reis 1, A Winterpacht 1, B Rautenstrauss 1
  • 1Salzburg, A; Erlangen, München

Fragestellung: Der M. Crohn ist eine schmerzhafte entzündliche Darmerkrankung. Es handelt sich um eine komplexe multifaktorielle Erkrankung, für die eine genetische Prädisposition gesichert ist. Verglichen mit Patienten, die sich einem ähnlich schweren abdominellen Eingriff unterzogen, konnte bei Crohn Patienten ein erhöhter intraoperativer Analgetikaverbrauch gezeigt werden. Die Erkrankung könnte also ein geeignetes Modell darstellen, um neue Schmerzsuszeptibilitätsgene zu identifizieren. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob bei Crohn Patienten ein erhöhter postoperativer Opiatverbrauch vorliegt und ob diesem eine veränderte Schmerzwahrnehmung oder bekannte Varianten der Gene des µ-Opioidrezeptors (OPRM1) oder der Katechol-O-Methyltransferase (COMT) zugrunde liegen.

Methoden: Um den postoperativen Opiatverbrauch zu untersuchen, wurden die PCA Daten (patient controlled analgesia) der ersten 48h nach Ileocoecalresektion von 61 Crohn Patienten (41,0±12,0 Jahre) mit denen von 34 Patienten (66,1±11,2 Jahre) nach Hemikolektomie verglichen und die Patienten als „Hoch-“, „Durchschnitts-“ oder „Niedrigverbraucher“ klassifiziert.

Zur somatosensorischen Funktionsprüfung wurde bei 52 Patienten (38,5±12,0 Jahre) eine quantitative sensorische Testung (QST) mit Bestimmung thermischer und mechanischer Empfindungs- und Schmerzschwellen durchgeführt und mit 31 gesunden Freiwilligen (31,0±11,3 Jahre) verglichen.

Schließlich wurden bei 145 Crohn-Patienten bekannte Varianten des OPRM1 und des COMT Gens untersucht und mit 163 Kontrollen verglichen.

Ergebnisse: Der postoperative Opiatverbrauch war bei Crohn-Patienten signifikant erhöht (ANOVA, F=6,41, p<0,0005). In der QST zeigten sich bei Crohn-Patienten – abgesehen von altersabhängigen erhöhten Warmempfindungsschwellen – keine signifikanten Unterschiede, auch nicht in der Untergruppe der „Hochverbraucher“ (t-test, n.s.). Weder für den mit erhöhtem Opiatbedarf assoziierten OPRM1 A118G Polymorphismus noch für beschriebene COMT „Schmerzsuszeptibilitäts“ Haplotypen fand sich bei Crohn Patienten eine erhöhte Häufigkeit.

Schlussfolgerung: Unsere Ergebniss bestätigen einen erhöhten postoperativen Opiatverbrauch bei M. Crohn. Sie zeigen, dass diesem erhöhten Opiatverbrauch keine Fehlfunktion des somatosensorischen Systems oder bekannte Varianten der OPRM1 oder COMT Gene zugrunde liegen. Sie deuten viel eher auf einen spezifischen, bisher unbekannten Mechanismus hin, der möglicherweise das Opioidsystem betrifft.