Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P663
DOI: 10.1055/s-0028-1086917

Darifenasin (Emselex®) bei neurogener überaktiver Blase – Erfahrungen aus der neurologischen Praxis

H Heilmeyer-Kohler 1, I.C Bötefür 1, S Carl 1, J Kohler 1
  • 1Freiburg, Emmendingen

Fragestellung: Die überaktive Blase (OAB) mit Dranginkontinenz ist ein häufiges und gleichzeitig die Lebensqualität stark beeinträchtigendes Symptom vieler neurologischer Erkrankungen. Die orale Pharmakotherapie der OAB umfasst heute fast ausschließlich die Behandlung mit Antimuskarinika („Anticholinergika“). Dabei wird ein möglicher Vorteil M3-selektiver Substanzen wie Darifenacin (DAR) diskutiert. DAR ist zwar zur Behandlung der idiopathischen OAB zugelassen, bei neurogener OAB existieren jedoch keine verlässlichen Daten.

Patienten und Methoden: In der klinischen Routine einer neurologischen Praxis mit Schwerpunkt in der Versorgung neurodegenerativer Erkrankung und Multipler Sklerose haben wir zwischen dem 1.1.06 und dem 31.3.08 insgesamt 47 Patienten, davon 22 Frauen, mit einem Durchschnittsalter von 65,7 Jahren (range 27–87 Jahre) und den typischen klinischen Zeichen einer OAB mit Pollakisurie und Dranginkontinenz mit DAR 7,5–15mg/Tag behandelt.

11 Pat. hatten eine Alzheimer Demenz, 13 einen M. Parkinson, 3 eine Levy-Körperchen Demenz und 22 Patienten eine Multiple Sklerose.

Ergebnisse: DAR führt bei den untersuchten Patienten zu einer zufriedenstellenden Reduktion der Miktionsfrequenz und einer sichtlichen Verbesserung der Kontinenz. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle war die Verträglichkeit gut. Unverträglichkeiten in Form von zentralnervösen Störungen (z.B. Halluzinose, Schlafstörungen) traten vor allem bei alten Patienten mit Demenzen und/oder M. Parkinson auf.

Schlussfolgerungen: DAR ist in der Behandlung der neurogenen OAB gut verträglich und wirksam. Die Behandlung mit DAR bereichert dabei das neurologische Spektrum der symptomatischen Therapiemöglichkeiten schwerwiegender zentralnervöser Erkrankungen ganz erheblich. Unerwünschte Wirkungen treten über den antimuskarinergen Wirkungsmechanismus von DAR vor allem bei solchen Erkrankungen auf bei denen bereits ein vorbestehendes cholinerges Defizit zu vermuten ist.