Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P536
DOI: 10.1055/s-0028-1086790

Klinische Verlaufsuntersuchung heterozygoter Mutationsträger einer PINK1-Mutation

A Schmidt 1, J Hagenah 1, V Tadic 1, N Brüggemann 1, L Kertelge 1, A Djarmati 1, C Klein 1
  • 1Lübeck

Fragestellung: Zwei mutierte Allele des PINK1-Gens verursachen ein autosomal-rezessiv vererbtes Parkinson-Syndrom (PS) und stellen die zweit häufigste bekannte Ursache für ein früh einsetzendes PS dar. Heterozygote Mutationsträger einer PINK1-Mutation scheinen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko zu haben. In der vorliegenden Arbeit wurden heterozygote Mutationsträger einer deutschen Familie über einen Zeitraum von drei Jahren untersucht.

Methoden: Zehn heterozygote Familienmitglieder wurden neurologisch untersucht und nach der Unified Parkinson's Disease Rating Scale (UPDRS) Teil III videodokumentiert. Zusätzlich wurde bei allen Familienmitgliedern nach Frühsymptomen eines PS gesucht (Riechstörungen mit dem University of Pennsylvania Smell Identification Test und Farbdiskriminationsstörungen mit dem Farnsworth-Munsell 100 Hue Test). Zwei Experten für Bewegungsstörungen begutachteten anschließend die Videos und es wurde eine Konsensus-Diagnose erstellt. Die Ergebnisse wurden mit den Vorbefunden von vor drei Jahren verglichen.

Ergebnisse: Fünf (Alter: 42–52 Jahre) der zehn heterozygoten Familienmitglieder (acht Männer, zwei Frauen) zeigten zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung vor drei Jahren motorische Beeinträchtigungen (UPDRS III: 3–8 Punkte), fünf (Alter: 33–48 Jahre) waren nicht betroffen. Bei der Nachuntersuchung zeigte sich bei zwei der fünf betroffenen Fälle eine Verschlechterung des klinischen Befundes (UPDRS III: 10 und 12 Punkte). Zusätzlich wurden bei zwei der bisher nicht betroffenen Familienmitglieder diskrete motorische Auffälligkeiten festgestellt (UPDRS III: 1 und 2 Punkte). Mit einer Ausnahme handelte es sich in allen sieben Fällen um eine rechtsseitig betonte Hypokinese und/oder Rigor. Bei fünf der sieben klinisch auffälligen Mutationsträger wurde eine Riechstörung beobachtet, bei drei eine Farbdiskriminationsstörung. Zusätzlich zeigten zwei der bisher nicht betroffenen Familienmitglieder eine Riechstörung und einer eine Farbdiskriminationsstörung.

Schlussfolgerung: Die Nachuntersuchung konnte bei keinem der heterozygoten Mutationsträger eine definitive Manifestation eines PS nachweisen. Allerdings fanden sich bei einer zunehmenden Anzahl der Mutationsträger motorische Zeichen eines PS (7/10), die teilweise progredient waren, und/oder Auffälligkeiten in der Zusatzdiagnostik (9/10). Die Ergebnisse legen nahe, dass heterozygote PINK1-Mutationen als Suszeptibilitätsfaktoren die Wahrscheinlichkeit für die Manifestation eines PS erhöhen können.