Aktuelle Neurologie 2008; 35 - V284
DOI: 10.1055/s-0028-1086616

Elektive Termination der Beatmungstherapie bei der amyotrophen Lateralsklerose

T Meyer 1, J.S Dullinger 1, C Münch 1, J.P Keil 1, E Hempel 1, S Rosseau 1, N Borrisow 1, P Linke 1
  • 1Berlin, Leezen, Görlitz

Hintergrund: Durch die wachsende Anwendung einer künstlichen Beatmung bei der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) werden Ärzte zunehmend mit Patienten konfrontiert, die eine elektive Beatmungsbeendigung anstreben. Die Termination der Beatmungstherapie ist rechtskonform und medizinethisch geklärt, dennoch liegen bisher keine systematischen Untersuchungen zur Beatmungsbeendigung vor.

Patienten und Methoden: In einer retrospektiven Untersuchung von 9 ALS-Patienten wurden klinische Daten bei der Beendigung einer nicht-invasiven Maskenventilation (n=4) und invasiven Ventilation (n=5) erfasst. Die Termination der Beatmungstherapie erfolgte auf der Basis eines expliziten und dokumentierten Patientenwillens.

Ergebnisse: Bei residualer Spontanatmung (Maskenbeatmung, n=3) war eine intensivierte Symptomkontrolle von Dyspnoe und Angst mit Benzodiazepinen und Morphinsulfat (MSI) in einer geringen MSI-Dosisrate (10mg/h), aber hohen MSI-Gesamtdosis (185–380mg) möglich. Die Terminalphase nach Entfernung der Maske war protrahiert (22h:10min bis 28h:00min). Bei minimaler oder fehlender Spontanatmung (mechanische Ventilation, n=5; kontinuierliche Maskenbeatmung, n=1) wurde die Diskonnektion durch eine tiefe Sedierung vorbereitet, die eine relativ geringe MSI-Gesamtdosis (120mg), aber eine hohe Dosisrate (bis 300mg/h) erforderlich machte. Die Terminalphase von der Diskonnektion bis zum Todeseintritt verlief rasch (00h:15min bis 01h:20min). Bei 2 Patienten bestanden hypoxische Myoklonien und Automatismen.

Schlussfolgerung: Die elektive Beatmungsbeendigung erfordert eine differenzierte pharmakologische Palliativversorgung. Perspektivisch sind kontrollierte Studien erforderlich, um evidenzbasierte Leitlinien für die Beatmungsbeendigung zu etablieren.