Der von einem Forschungsverbund um das Flagler College in St. Augustine, Florida, herausgegebene Sammelband vereinigt unter drei Sektionen insgesamt 19 Beiträge sowie eine Einleitung von Beverly Mayne Kienzle (Harvard University, xxi–xix) und ein die Sektionen zusammenfassendes Vorwort des Leiters dieser Gruppe, Timothy J. Johnson (Flagler College, 1–12). Der Band steht im Zusammenhang mit anderen zuvor veröffentlichten Tagungsbänden, die sich dem Thema der christlichen Mission, nicht nur in Mittelamerika, widmeten.
Der erste Teil »New Worlds in this Life and the Next« geht das Thema der Predigt aus verschiedenen Perspektiven an: der anthropologischen (Laura Gaffuri, 15–27), der monastischen jüdisch-christlichen aus dem Kloster Admont (John D. Young, 28–42) und mehrfach der franziskanischen am Beispiel Bonaventuras (Benjamin P. Winter, 43–56), Bernardinos da Siena (Steven J. | McMichael, 71–84) und italienischer Altäre der Renaissance in Franziskanerkirchen (Sama Mammadova, 85–97) sowie der Predigten des Dominikaners Vinzenz Ferrer über den Antichrist (Carolina M. Losada, 57–70). Der zweite, »New Identities in New Worlds«, wendet sich den Karmelitern (Ralf Lützelschwab, 101–119), den Dominikanerinnen (Carolyn Muessig am Beispiel der Predigten von Tommasina Fieschi, 120–134), der Leichenpredigt für den Bamberger Bischof Otto (Helmut Flachenecker, 135–150), den Übersetzungen der Predigten von Maurice de Sully in die Volkssprache (Beata Spieralska, 151–162), der Verwendung von Dantes Komödie in deutschen Predigten (Pietro Delcorno, 163–184) sowie der Imaginierung franziskanischer Missionare in italienischer Kunst und Predigt (Nirit Ben-Aryeh Bebby, 185–197) zu. Schließlich ist der dritte Teil »Sermons, Missions, and New Worlds« gewidmet. Er bietet Studien zur visuellen Predigt in Russland (Marie Anne Polo de Beaulieu und Victoria Smirnova, 201–226), zum Neuen Jerusalem als Bild für die Neue Welt im Kreuzzug Iwans IV. (Valeria Kosyakowa, 227–242), den Predigten Stefan Jaworskis und Theophan Prokopowitschs (Sergei O. Zotov, 243–255), den Verbindungen zwischen alter und neuer Welt an Beispielen aus Italien und Kalifornien (Filippo Sedda, 256–266) bzw. den spanischen Franziskanern in der Neuen Welt (Francisco Lavier Rojo-Alique, 267–279), den Timucua im heutigen Florida (George Aaron Broadwell, 280–294) sowie der Feier franziskanischer Märtyrer in Amerika (Timothy J. Johnson, 295–311). Ein Index (313–321) beschließt den Band.
Alle Beitragenden haben ihre Studien mit einem ausführlichen Anmerkungsapparat versehen, sodass man zu jedem Einzelaspekt auf den aktuellen Forschungsstand gebracht wird. Da aber eine Zusammenfassung fehlt, bleibt es bei einem Kaleidoskop vertiefender Einzelstudien.
Timothy J. Johnson beschreibt jedoch in seinem Vorwort, bevor er die einzelnen Teile und die darin enthaltenen Beiträge zusammenfasst, die Intention des Bandes, nämlich zu erforschen, wie verschiedene Predigten die weitreichenden Anstrengungen offenlegen, die Neue Welt zu adaptieren, zu konfrontieren oder vorauszusehen. Die »Neue Welt« sei dabei nicht auf die Americas bezogen, sondern schließe Europa bewusst mit ein.
Von besonderer Bedeutung für die rechtshistorische Forschung im weitesten Sinne sind die Transferprozesse und ihre Träger. Die Fragestellungen des Bandes waren nicht auf das Recht bezogen, da aber Predigen zugleich die Übertragung von Normvorstellungen bedeutet, ist beispielsweise die Rolle der Orden der Dominikaner und Franziskaner in der Neuen Welt gut zu erkennen. Der Vergleich zwischen den Welten Amerikas und Osteuropas erweitert diese Sicht in fruchtbarer Weise. Laura Gaffuris Bemerkungen zu dem Themenfeld, wie in vormodernen Zeiten the Other wahrgenommen wurde und ob man etwa von einem »rassistischen Mittelalter« sprechen dürfe, sind deswegen für den Band relevant, weil sie anhand zahlreicher Forschungen zeigen kann, dass im Wesentlichen die Zugehörigkeit zum christlichen Glauben der Rahmen war – mit den bekannten sich verschärfenden Ausgrenzungen der jüdischen Gemeinden in Europa. Es sei eine Erscheinungsform der Frühneuzeit, dass weitere Ausgrenzungskriterien, wie etwa blood-lines, entstanden, was auch mit den sich erweiternden Horizonten der europäischen Gesellschaften verbunden gewesen sei, wie zuvor schon der Kontakt in die arabische Welt Einsicht, aber auch Abstoßung hervorgebracht hatte.
Der ›Kontakt‹ zu den infideles fand bekanntlich verschiedene Ebenen und Ausdrucksformen, zwischen Kreuzzug und Zwangsbekehrung einerseits und wechselseitigen Begegnungen und friedlicher Mission andererseits. Im Benediktinerkloster Admont entstand im 12. Jahrhundert ohne direkten Kontakt zu Juden ein Predigttraktat gegen sie (John D. Young); die etwa zeitgleich verfasste Leichenpredigt auf den Bischof und Missionar in Pommern, Otto von Bamberg, verglich dessen vita activa mit der vita contemplativa zugunsten der erstgenannten, die Mission einschließenden Lebensform (Helmut Flachenecker).
Die praktische Anwendung des aktiven Lebens demonstrieren die zumeist personenbezogenen zahlreichen Einzelstudien des Sammelbandes. Von der Verkündigung durch Visualisierung im Russland des 17. Jahrhunderts (Marie Anne Polo de Beaulieu und Victoria Smirnova) oder dem pro-katholischen versus pro-protestantischen Richtungsstreit in der russisch-orthodoxen Kirche in der Zeit Peters des Großen (Sergei O. Zotov) ist ebenso die Rede wie von der Übertragung christlicher Texte aus dem Lateinischen in die altfranzösische Volkssprache (Beata Spieralska) oder der Übertragung ehrender Anreden in die Timucua genannte Sprache der Indigenen in Nord-Florida und Süd-Georgia (George Aaron Broadwell). |
Gerade diese weite Themenwahl ist ein hervorzuhebendes Verdienst des Sammelbandes. Wer spezielle zeit- und raumbezogene Interessen an der Missionsgeschichte hat oder etwas über die »Dritte Hand Jesu« erfahren will, ist hier bestens bedient und kann aus den individuellen Beiträgen und ihren Referenzen großen Gewinn ziehen.