Wovon handelt der vorliegende Sammelband? Der Titel des Bandes, aber auch die Einleitung der Herausgeber weisen zunächst in Richtung einer Problematik, die in den meisten Beiträgen nicht im Vordergrund steht: das Verhältnis von Diplomatie und Wirtschaft in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Der Rezensent würde den Herausgebern nicht widersprechen, wenn sie die Relevanz dieser in der Tat bislang ungenügend beleuchteten Problematik unterstreichen. Doch von Wirtschaft, von den ökonomischen Interessen von Gesandten oder den diplomatischen Aufgaben wirtschaftlicher Akteure – etwa von Kaufleuten – handeln die Texte des Bandes nur am Rande.
Der Sammelband enthält stattdessen eine Reihe von Aufsätzen, die überwiegend aus der Perspektive einer Kulturgeschichte des Politischen die Bedeutung von Gaben als Medien spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Diplomatie in den Blick nehmen und mit diesem Fokus durchaus | einen wertvollen Beitrag zu wissenschaftlich relevanten Fragen leisten. Den Autorinnen und Autoren geht es in erster Linie um höfische Kultur, um symbolische Kommunikation, um Fragen des Gabentausches in überwiegend europäischen und in einem Fall auch interkulturellen Kontexten. Nicht so sehr die Frage nach den »materiellen Grundlagen von Diplomatie« als vielmehr jene nach der Art und Weise, wie Objekte verschiedener Art als Medien der Kommunikation zwischen Herrschaftsträgern unterschiedlichen Ranges eingesetzt und wahrgenommen wurden, steht also im Mittelpunkt.
Wenn Luxusgegenstände als Medien des zwischenhöfischen Verkehrs gebraucht wurden, spielte der ökonomische Wert der Objekte durchaus eine Rolle, wie Jan Hirschbiegel und Ulf Christian Ewert zeigen; er sollte die Empfänger verpflichten und schuf zugleich besondere Anreize, von diesen Gegenleistungen zu erwirken. Ökonomisches Kapital wurde im zwischenhöfischen Verkehr ebenso wie im Umgang mit Beutestücken (dazu der Beitrag von Michael Jucker) in andere Kapitalsorten transformiert, Luxusgegenstände also mit neuen Wertzuschreibungen verbunden. Die Beiträge von Harriet Rudolph und Evelyn Korsch behandeln das Schenken als Akt symbolischer Kommunikation bei Herrschereinzügen bzw. Herrscherbesuchen. Der Vergleich der Kaisereinzüge in Nürnberg und beim sächsischen Kurfürsten zeigt, wie über Schenkakte der unterschiedliche Status von Reichsständen ausgehandelt wurde, während mit dem Austausch von Geschenken anlässlich des Besuches Heinrichs III. in Venedig 1574 die prekäre Stellung der beiden Hauptbeteiligten – der Serenissima im Kreis der europäischen Mächte, Heinrichs III. als neuen Königs von Frankreich – gefestigt werden sollte.
Die im zweiten Teil unter dem Titel »Akteure« zusammengefassten Beiträge entsprechen am ehesten dem Anspruch, das Verhältnis von Diplomatie und Wirtschaft auszuleuchten. Hier geht es um den Handel mit Luxusgütern und dessen Verschränkung mit den Beziehungen zwischen Herrschaftsträgern und anderen Personen hohen Standes. Auch bei der Vermittlung seltener und kostbarer Objekte blieben die kaufmännischen Dimensionen des Handelns allerdings der Pflege von Sozialbeziehungen in einem höfisch-adligen Kontext untergeordnet, wenn etwa Philipp II. einen Hofnarren nach Italien sandte (Susanne Kubersky-Piredda/Salvador Salort Pons) oder Gesandte am französischen Hof Luxuswaren und Künstler nach Hause vermittelten (Corinne Thépaut-Cabasset; Martin Pozsgai). Andererseits dienten die Kontakte zu fremden Gesandten den Erben der Brühl’schen Sammlungen dazu, diese möglichst vorteilhaft zu veräußern; soziales Kapital konnte in diesem Fall also in ökonomisches Kapital transformiert werden (Ute Christina Koch).
Im dritten Teil des Sammelbandes rückt erneut der Geschenkverkehr, nun mit einem Fokus auf die Objekte, in den Mittelpunkt. Johanna Beate Lohff fragt nach der Verbreitung von Bildern aus Edel- und Halbedelsteinen aus Italien, die für die Beherrschung besonderer künstlerischer Fertigkeiten standen. Magdalena Bayreuther untersucht den Umgang mit edlen Pferden, deren Züchtung im höfischen Kontext ein wichtiges Element fürstlich-adliger Statussicherung darstellte. Der letzte Beitrag beleuchtet den Umgang mit Objekten in der indianisch-europäischen Diplomatie in Nordamerika. Ulrike Kirchberger zeigt dort, wie die Europäer im 18. Jahrhundert die lokalen zeremoniellen Formen adaptierten. Sie unterstreicht dabei die dynamischen Interaktionen zwischen verschiedenen Kulturen des Geschenkverkehrs, der Beziehungen auf einem »middle ground« ermöglichen konnte, wo sonst mangelnde sprachliche Kenntnisse Grenzen setzten. Unterschiedliche Vorstellungen von der jeweiligen Bedeutung der Geschenke beinhalteten hier (ähnlich wie in anderen geographischen Kontexten) neben der Gefahr von Missverständnissen auch ein Potential im Hinblick auf die Sicherung von Beziehungen.
Die Beiträge des Bandes sind ausnahmslos solide dokumentiert und zum Teil auch methodisch inspirierend. Während die Frage nach dem Verhältnis von Diplomatie und Wirtschaft nur am Rand thematisiert wird, verdient der Sammelband als Beitrag zu einer Kulturgeschichte von Diplomatie Beachtung.