Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V48
DOI: 10.1055/s-2007-987459

Willkürbewegung des Kopfes: vestibuläre Rückkopplung und Kleinhirn

N Lehnen 1, U Büttner 1, S Glasauer 1
  • 1München

Fragestellung: Wir konnten vor kurzem zeigen, dass vestibuläre Rückkopplung während aktiver Kopfbewegungen zur motorischen Kontrolle genutzt wird. Patienten, die beidseits vestibulektomiert sind, können ein erhöhtes Kopfträgheitsmoment nicht ausreichend kompensieren und ihr Kopf oszilliert um die Endposition. In der vorliegenden Untersuchung stellen wir die Frage, ob diese vestibuläre Rückkopplungsschleife das Kleinhirn einschließt.

Methoden: Fünf Patienten mit generalisierter zerebellärer Atrophie unklarer Ätiologie, aber mit intakter vestibulärer Funktion in Kalorik und Halmagyi-Test, nahmen an der Untersuchung teil. Wir erhöhten das Trägheitsmoment ihres Kopfes und verglichen ihre Kopfbewegungen mit denen von Patienten nach bilateraler Vestibulektomie (nach bilateralem Akustikusneurinom) und mit denen von gesunden Normalpersonen. Auge- und Kopfbewegungen wurden mit der Search-Coil-Methode aufgezeichnet, während Patienten und Normalpersonen horizontale Blickbewegungen zu im Dunkeln kurz aufblitzenden Zielen machten. Die Blickzielamplituden waren±75 und±80 Grad.

Ergebnisse: Ohne Trägheitsmomentserhöhung oszilliert der Kopf weder bei Patienten nach bilateraler Vestibulektomie, noch bei Kleinhirnpatienten oder Normalpersonen. Die Trägheitsmomenterhöhung führt, wie bereits für Patienten nach bilateraler Vestibulektomie gezeigt, auch bei Kleinhirnpatienten zu signifikant stärkeren Kopfoszillationen als bei Normalpersonen. In Bezug auf Kopfoszillationen unterscheiden sich die aktiven Kopfbewegungen mit erhöhtem Trägheitsmoment von Patienten nach bilateraler Vestibulektomie nicht von denen der Kleinhirnpatienten.

Schlussfolgerung: Die Erhöhung des Kopfträgheitsmoments führt zu ähnlichen Defiziten in den Kopfbewegungen von Patienten mit generalisierter Kleinhirnatrophie und Patienten nach beidseitiger Vestibulektomie. Das weist darauf hin, dass vestibuläre Information, die während der Bewegung zur Motorkontrolle herangezogen wird, vom Kleinhirn verarbeitet wird.