Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P506
DOI: 10.1055/s-2006-953330

Entwicklung kortikaler Atrophie bei Amyotropher Lateralsklerose im Verlauf: Eine MRT-Studie mittels voxelbasierter Morphometrie

L. Emmerich 1, T. Peschel 1, C. Keil 1, A. Mangold 1, H. Becker 1, R. Dengler 1, J. Grosskreutz 1
  • 1Hannover

Fragestellung: Neuere bildgebende Untersuchungen sowie post-mortem Analysen zeigen, dass bei der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) neben dem motorischen System auch nicht-motorische Gehirnareale betroffen sind. Über das Verteilungsmuster der kortikalen Atrophie im zeitlichen Verlauf ist bislang wenig bekannt. Ziel der vorliegenden longitudinalen MRT-Studie war es mittels voxelbasierter Morphometrie (VBM) die Dynamik der morphologischen Veränderungen im Bereich der grauen und weißen Substanz sowie des Liquorraumes zu charakterisieren.

Methoden: In die Studie wurden 26 ALS Patienten und 26 altersentsprechende Kontrollen eingeschlossen. 17 Patienten konnten nach sechs Monaten erneut untersucht werden. Der für VBM notwendige 3D-T1 Datensatz wurde an einem 1.5 T GE Scanner erhoben. Die Bilder wurden mit dem optimierten VBM Protokoll mit SPM2 für graue und weiße Substanz sowie den Liquorraum analysiert. Gruppenvergleiche wurden basierend auf dem allgemeinen linearen Modell mittels ANCOVA für die einzelnen Modalitäten durchgeführt. Bei der Verlaufsuntersuchung kamen gepaarte t-Tests zur Anwendung (p<0,05 korrigiert).

Ergebnisse: Im Vergleich zu den Kontrollen fand sich bei den ALS Patienten eine regionale Atrophie der grauen Substanz des sensomotorischen Kortex sowie in parietalen und frontalen Arealen. Bei der Verlaufsuntersuchung nach 6 Monaten zeigte sich zusätzlich eine Abnahme in Anteilen der Inselregion und Cerebellum. In der weißen Substanz ließen sich im zeitlichen Verlauf Volumenminderungen der Pyramidenbahn nachweisen. Korrespondierend dazu nahm der Liquorraum im Bereich des Sulcus centralis bei den ALS Patienten zu.

Schlussfolgerungen: Die aktuelle Studie bestätigt erneut das Vorliegen einer ausgedehnten kortikalen Atrophie in sensomotorischen, parietalen und frontalen Arealen bei ALS Patienten in vivo. Es zeigt sich, dass es innerhalb von einem halben Jahr zu einer weiteren nachweisbaren Atrophie des primären sensomotorischen Systems kommt. Die weitere Ausdehnung auf insuläre sowie zerebelläre Regionen deckt sich mit histopathologischen Befunden von post-mortem Analysen. VBM könnte somit bei klinischen Studien zukünftig als Verlaufsparameter eingesetzt werden.