Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P342
DOI: 10.1055/s-2006-953167

Einteilung des Morbus Wilson basierend auf dem Vorliegen der H1069Q-Mutation

W. Hermann 1, P. Günther 1, A. Wagner 1, J.P. Schneider 1, D. Huster 1, H.J. Kühn 1, G. Reichel 1, S. Heinze 1, O. Sabri 1, H. Barthel 1
  • 1Zwickau, Leipzig

Hintergrund: Der Morbus Wilson ist eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung des Kupferstoffwechsels. Sein Genlokus befindet sich auf dem langen Arm des Chromosom 13. Er verschlüsselt 1411 Aminosäuren der P-Typ ATPase 7B, die sich funktionell in Kupferbindungs- und Transduktionsdomänen, einen Kationenkanal, die ATP-Bindungstelle sowie eine Scharnierregion unterteilt. Gegenwärtig sind ca. 250 Mutationen bekannt, die häufigste europäische Mutation ist die H1069Q-Mutation.

Fragestellung: Korrelieren klinische Merkmale mit dem homozygoten, compound heterozygoten Vorliegen oder Fehlen einer H1069Q-Mutation?

Methode: Es wurden 40 Patienten (18 Frauen, 22 Männer, Alter im Median 42 Jahre; Minimum 26 und Maximum 65 Jahre) untersucht und nach dem Auftreten der H1069Q-Mutation in drei Gruppen unterteilt (Tabelle).

Weitere Untersuchungen erfolgten in der Elektrophysiologie (akustische, sensible, visuell und motorisch evozierte Potentiale), Feinmotorik (computergestützte Bewegungsanalysen), Nuklearmedizin (Betacit-SPECT, IBZM-SPECT, FDG-PET) sowie mittels cMRT.

Ergebnisse: Fehlende Geschlechtspräferenzen, eine etwa zeitgleiche Symptommanifestation in der homozygoten und compound heterozygoten Kohorte, analoge klinische Befunde sowie eine vergleichbare therapeutische Resonanz aller drei Gruppen sind kennzeichnend. Elektrophysiologische, feinmotorische sowie bildgebende Untersuchungen blieben ebenfalls ohne signifikant differente Befunde hinsichtlich Qualität und Quantität.

Schlussfolgerung: Der klinische Phänotyp zeigt anhand der vorliegenden Studie keinen Bezug zum Auftreten der H1069Q-Mutation oder anderer Mutationen. Es ist ein Zusammenspiel verschiedener genetischer und epigenetischer Merkmale auf den Verlauf und Phänotyp der Erkrankung anzunehmen ohne direkte Genotyp-Phänotyp-Korrelation für eine bestimmte Mutation. Somit ist die vorliegende Mutation von untergeordneter Bedeutung für die klinische Symptomatik eines Wilsonpatienten.

Tab. 1

* Median

Homozygot
N=18

Compound heterozygot
N=20

Andere Mutationen
N=4

Geschlecht

W=8 M=8

W=8 M=12

W=2 M=2

Symptombeginn*

22 Jahre

18 Jahre

13,5 Jahre

Neurologische
Verlaufsform

14

15

3

Nichtneurologische Verlaufsform

2

5

1

Neurologiescore*
initial

4

4

3

Neurologiescore*
aktuell

1

0

1