Aktuelle Neurologie 2011; 38 - P40
DOI: 10.1055/s-0031-1276545

Die frühe Injektion mit BTX-A bei subakuten Schlaganfallpatienten mit beginnender Fingerbeugespastik verhindert die Entwicklung einer schweren Spastik im Verlauf

H. Mach 1, I. Melzer 1, C. Werner 1, S. Hesse 1
  • 1Schwaan, Berlin

Fragestellung: BTX-A ist anerkannt in der Therapie der Beugespastik der oberen Extremität nach Schlaganfall. Meistens erfolgt die Injektion nach Ausschöpfen konventioneller Techniken und beim Vorliegen einer manifesten Spastik.

Unter der Vorstellung, dass eine Spastik sich nach einem Insult bereits in den ersten Wochen post ictum ausbildet, vor allem einer immobilisations-bedingten Muskelverkürzung geschuldet ist, dass nach tierexperimentellen Befunden BTX-A die Verkürzung der Muskelfasern und die Inzidenz der Kontraktur mindert (1), und dass das Ausmaß der Parese der Fingerstrecker mit der Entwicklung einer Beugespastik miteinander korreliert, wurde das folgende Protokoll entwickelt:

Methode: Subakute Pat.; 4–8 Wochen post ictum; hochgradige Parese der OE mit Plegie der Fingerstrecker; beginnende Spastik der Fingerbeuger im Sinne eines modifizierten Ashworth Scores (0–5) von 1, oder 2; ultraschall-gesteuerte Injektion von 150 Einheiten Xeomin in den M. flexor digitorum profundus et superficialis, M. flexor carpi radialis et ulnaris; 10ml/Viole; nachfolgend wiederholte rasche Dehnung für 30min sowie robotergestütztes bilaterales Training.

Ergebnisse: Im Rahmen eines Pilots wurden 9 Pat. behandelt, und deren Daten mit 9 gematchten Pat. verglichen. Die mittleren Ashworth-Summenscores entwickelten sich im Verlauf von 6 Monaten unterschiedlich, sie waren in der BTX-Gruppe signifikant geringer 4, 12 und 26 Wochen nach Studienbeginn (p<0,05). Auf der Disability-Ebene (Dimensionen Handhygiene, Anziehen, Armhaltung res. -stellung, Schmerz) ergab sich gleichfalls ein Vorteil für die mit BTX-A behandelte Gruppe. Die aktiven Funktionen dagegen unterschieden sich nicht.

Schlussfolgerung: Die Untersuchung spricht dafür, BTX-A im Falle einer hochgradigen Parese der OE frühzeitig, quasi präventiv, einzusetzen, um die Entwicklung einer funktionell ungünstigen schweren Spastik im weiteren Verlauf zu verhindern. Ein Unterschied sechs Monate nach Studienbeginn ist wahrscheinlich nicht mehr durch eine anhaltende Wirkung des Toxins zu erklären. Eine kontrollierte Studie mit längerem Beobachtungszeitraum ist angezeigt.

Literatur: Cosgrove AP, Graham AK. Botulinum toxin A prevents the development of contractures in the hereditary spastic mouse. Dev Med Child Neurol 1994;36:379–85.