Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P672
DOI: 10.1055/s-0029-1238765

Fatigue, Kognition und Persönlichkeit bei Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose – eine Multicenterstudie

K Kiltz 1, M Lang 1, P Flachenecker 1, H Meissner 1, M Freidel 1, H Herbst 1, W Hofmann 1, E Schlegel 1, W Elias 1, K Gehring 1, U Eckhardt 1, A Bergmann 1, G Reifschneider 1, S Ries 1, H Schreiber 1
  • 1im Auftrag der Praxisstudiengruppe Multiple Sklerose

Ziel: Erfassung physischer, kognitiver und psychischer Dimensionen der Fatigue und deren Beobachtung im Langzeitverlauf bei schubförmiger Multipler Sklerose (RRMS)-Patienten mit und ohne Fatigue im Vergleich zu Kontrollen (Gesunde bzw. Patienten mit peripher-neurologischen Erkrankungen).

Methodik: Multicenter-Studie mit einer Querschnitts- (QS) und einer Längsschnittbeobachtung (LS) über 2 Jahre. Einschluss-kriterien bei Baseline: 18–50 Jahre, RRMS/Mc Donald, Betaferontherapie ≥3 Monate bzw. ≤2 Jahre, EDSS 0–3,5, keine die Kognition beeinträchtigende Co-Medikation. Zur Baseline (QS) konnten 102 RRMS-Patienten (40m, 62f, MW Alter 38 Jahre) und 30 gematchte Kontrollpersonen (11m, 19f, MW Alter 36 Jahre) eingeschlossen werden. Das Datenprofil umfasste: klinische und behaviorale Parameter (Neurostatus, EDSS, MSFC, subjektive Symptome, Fatigue/WEIMuS), IQ (MWT-B), Lebensqualität (FAMS), neuropsychologische Dimensionen (Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung/TAP mit Alertness, geteilte Aufmerksamkeit (auditiv, visuell), Flexibilität, exekutive Kontrolle, Daueraufmerksamkeit), visuell-räumliche und verbale Merkfähigkeit (VVM), Ablenkbarkeit, Ermüdung und Verlangsamung bei geistigen Prozessen und praktischen Tätigkeiten (FEDA), Arbeitsgedächtnis (PASAT), Krankheitsverarbeitung in Selbst- und Fremdbeurteilung (FKV-SE/FE), Depressivität (ADS-L), Schläfrigkeit (Epworth Sleepiness Scale/ESS), körperliche Aktivität (Godin Leisure-Time Exercise Questionnaire, GLTEQ) sowie Persönlichkeitsstruktur (FPI-R).

Ergebnisse: Bei Studienbeginn (QS) unterschieden sich RRMS-Patienten von den Kontrollen signifikant in folgenden Bereichen: TAP (Flexibilität, exekutive Kontrolle, Daueraufmerksamkeit), PASAT, FAMS, FKV, FPI-R, GLTEQ. Beim Subgruppenvergleich (RRMS+Fatigue vs. RRMS-Fatigue) ergaben sich signifikante Unterschiede in Bildung, Beruf, EDSS, subjektive Symptom-baseline, TAP (Alertness, geteilte Aufmerksamkeit auditiv), PASAT, FEDA, ADS – L FAMS, FKV, FPI-R, ESS und GLTEQ zuungunsten der Fatigue-Patienten, wobei vor allem kognitive Fatigue Defizite generierte.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse belegen signifikante Zusammenhänge von klinischem Status, Schweregrad (EDSS), emotionaler Grundstimmung, Persönlichkeitsstruktur und Mechanismen der Krankheitsverarbeitung auf die Ausprägung von Fatigue bei MS-Patienten bereits in frühen Stadien der Erkrankung.