Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P693
DOI: 10.1055/s-0028-1086947

Untersuchung der Sprachdominanz mittels funktioneller transkranieller Dopplersonographie (fTCD) bei Patienten mit rezidivierender depressiver Störung – Zusammenhang zum Verbalgedächtnis

A Haag 1, J Rösler 1, H Jacobs 1, A Hermsen 1, M Huber 1, A Thum 1, S Knake 1, F Rosenow 1, W.H Oertel 1, H.M Hamer 1
  • 1Marburg

Fragestellung: Bei der Major Depression werden funktionelle und strukturelle Einschränkungen im Bereich des Temporallappens sowie Gedächtnisbeeinträchtigungen beschrieben.

Die vorliegende Studie untersuchte daher die Häufigkeit verschiedener Sprachdominanzen bei Patienten mit rezidivierender depressiver Störung sowie verbale Gedächtnisleistungen.

Methoden: Bei 21 rechtshändigen Patienten (Alter:54,4±14,7) mit der Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung wurde mit fTCD und einem Wortgenerierungsparadigma die individuelle Sprachdominanz bestimmt. Aus den aufgezeichneten Blutsflussgeschwindigkeiten der Arteria cerebri media (ACM) beidseits wurde mittels der Auswertungssoftware Average® der relative Blutflussanstieg unter Wortgenerierung gegenüber Ruhe bestimmt und aus der Seitendifferenz ein Lateralitätsindex (LI) und dessen 95%-Konfidenzintervall berechnet. Des weiteren wurde ein verbaler Lerntest (VLMT) durchgeführt. Als Kontrollvariablen wurden die prämorbide Intelligenz (Wortschatztest; WST) und die aktuelle Symptomatik (Montgomery Asberg Depression Scale; MADRS) erfasst. Als Kontrollkollektiv dienten 35 gesunder Rechtshänder (Alter: 56,4±8,9).

Ergebnisse: Depressive Patienten zeigten häufiger eine atypische nicht linkshemisphärische Sprachdominanz als Gesunde (29% vs. 9%; p<.05). Depressive und Gesunde mit linkshemisphärischer Sprachdominanz zeigten keinen Unterschied im LI (3,9 vs. 4,3p>.1). Der maximale relative Flussanstieg war bei Depressiven beidseits signifikant geringer als bei Gesunden (ACM links 8,7% vs. 14,0%, ACM rechts 7,0% vs. 11,2%; p<.01). Die verbale Gesamtlernleistung im VLMT der Depressiven war signifikant schlechter als die der Kontrollgruppe (p<.05), die Behaltens- und die Wiedererkennensleistung waren hingegen nicht verringert. Die Depressiven hatten ein niedrigeres prämorbides Intelligenzniveau (p<.01). Es zeigte sich keine Korrelation des Laterlitätsindex mit den verbalen Gedächtnisparametern, der prämorbiden Intelligenz oder der aktuellen depressiven Symptomatik (MADRS).

Schlussfolgerung: Rezidivierende depressive Störungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine atypische Organisation der Sprachfunktionen, ohne dass die Ausprägung der Sprachdominanz mit der verbalen Gedächtnisleistung oder der aktuellen Symptomatik korreliert. Dies könnte einen möglichen Hinweis auf eine biologische Determiniertheit von rezidivierenden depressiven Erkrankungen darstellen.