Zusammenfassung
Die Ober- und Hauptstufen von Trägerraketen werden oftmals mit kryogenen Flüssigkeiten betrieben. Im Besonderen ist es für eine Zündung des Triebwerkes in der Schwerelosigkeit wichtig, das Verhalten dieser kryogenen Flüssigkeiten zu beobachten. Zum Beispiel stellen Gasblasen, welche in die Treibstoffzuleitungen gelangen und durch Kavitation Teile des Triebwerks zerstören können, eine Gefahr für die Wiederzündung dar. Daher haben wir ein kapazitives Messsystem für Zweiphasengemische realisiert, welches ohne messbaren Energieeintrag unter tiefkalten Bedingungen arbeiten kann. Dabei sind die Elektroden so angeordnet, dass Phasenänderungen innerhalb des beobachteten Volumens erfasst werden. Die charakteristischen Kapazitätsverläufe der unterschiedlichen Elektrodenpaarungen wurden experimentell bestimmt und einerseits mit Finite-Elemente-Simulationen (Ansys) verglichen. Andererseits wurden Berechnungen zur elektrischen Flussdichte angestellt, welche die simulierten Kapazitätsverläufe mit theoretischen Aussagen ergänzen. Da die Messungen mit Rauschen überlagert sind, wurde ein gleitendes Mittelwertfilter auf die Messergebnisse angewendet. Solche experimentell ermittelten und gefilterten Ergebnisse spiegeln die aus der Auswertung von Videokameraaufnahmen abgeleiteten Phasengrenzen zwischen flüssigem und gasförmigem Stickstoff (in einem umgestülpten Behältnis, das in einen Tank voller flüssigen Stickstoffs getaucht war) mit nur geringen Abweichungen wider. Zudem ließen sich verschiedene Prozesse wie Verschiebungen einer makroskopischen Phasengrenze (Füllstandsänderungen im umgestülpten Behältnis) und im flüssigen Stickstoff aufsteigende Gasblasen anhand der gemessenen Kapazitäten unterscheiden.
Abstract
The upper and main stages of heavy-lift launchers are often driven by cryogenic liquids. Especially for the reignition process, it is of vital importance to observe the behavior of these cryogenic liquids. Gas bubbles moving into propulsion lines, for instance, can destroy parts of the propulsion system through cavitation and therefore put the reignition to risk. For this reason, we realised a capacitive measurement system for two-phase mixtures that has the ability to operate under cryogenic conditions without noticeable energy input into the fluid. The electrodes are arranged in a way that phase changes inside an observed volume can be detected. The characteristic capacitances of different pairs of electrodes were determined experimentally and compared to finite-element simulations (Ansys) on the one hand. On the other hand, calculations for the electrical flux density were performed to gain insight into the mechanisms influencing the capacitances. As the measurements are noisy, moving average filters were used for smoothing. For the phase boundary between the gaseous nitrogen above a “sea” of liquid nitrogen (obtained with an upended receptacle in a tank full of liquid nitrogen), such experimentally determined and filtered results agree well with pictures recorded by a video camera. Furthermore, different processes such as phase-boundary shifts (fill-level changes in the upended receptacle) or gas bubbles rising in liquid nitrogen could be distinguished by way of the measured capacitances.
Über die Autoren
Christoph Kandlbinder erhielt 2015 sein Diplom in Umwelt- und Bioingenieurwissenschaften der Universität Bayreuth. Seit 2015 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik der Universität Bayreuth. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der elektrischen Kapazitätstomografie, der Impedanzspektroskopie und der kapazitiven Sensorik.
Universität Bayreuth, Zentrum für Energietechnik (ZET), Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, Bayreuth
Alice Fischerauer erhielt 1989 ihr Diplom in Elektrotechnik von der Technischen Universität in München. Ab 1989 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität in Darmstadt, bis sie 1991 bei der Siemens AG in München in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung arbeitete. Seit 2004 ist sie akademische Oberrätin am Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik der Universität Bayreuth. Ihre Forschungsinteressen liegen im Gebiet der elektrischen Kapazitätstomografie, der Impedanzspektroskopie und der akustischen Oberflächenwellen.
Universität Bayreuth, Zentrum für Energietechnik (ZET), Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, Bayreuth
Mario Mösch erhielt 2016 sein Diplom in Umwelt- und Bioingenieurwissenschaften der Universität Bayreuth. Seit 2016 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik der Universität Bayreuth. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Simulation elektro- und magnetostatischer Probleme und im Energy Harvesting.
Universität Bayreuth, Zentrum für Energietechnik (ZET), Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, Bayreuth
Tobias Helling erhielt 2014 seinen Bachelorabschluss in Engineering Science an der Universität Bayreuth. Seit 2014 ist er Master-Student an der Universität Bayreuth. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Simulation elektrostatischer Probleme.
Universität Bayreuth, Zentrum für Energietechnik (ZET), Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, Bayreuth
Gerhard Fischerauer erhielt 1989 sein Diplom in Elektrotechnik von der Technischen Universität in München. Ab 1989 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität in Darmstadt, bis er 1991 bei der Siemens AG in München in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung arbeitete und promovierte. Seit 2001 ist er Lehrstuhlinhaber der Lehrstuhles für Mess- und Regeltechnik der Universität Bayreuth. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der elektrischen Kapazitätstomografie, der Impedanzspektroskopie, der akustischen Oberflächenwellen und der Hochfrequenz-Sensorsysteme.
Universität Bayreuth, Zentrum für Energietechnik (ZET), Lehrstuhl für Mess- und Regeltechnik, Bayreuth
Martin Siegl erhielt 2009 seinen Masterabschluss im Space-Master Programm von der Lulea University of Technology in Schweden. Von 2009 bis 2010 war er Trainee am ESTEC der European Space Agency (ESA) in Nordwijk, Niederlande. Im Anschluss war er bis 2016 beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bremen. Seit 2016 ist er bei TNO in Delft (Niederlande) Projektingenieur. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich von kryogenen Flüssigkeiten und Raumfahrtsystemen.
Deutsches Zentrum fur Luft und Raumfahrt, Institut für Raumfahrtsysteme, Bremen
Danksagung
Teile der hier vorgestellten Arbeit wurden unter Vertrag mit der europäischen Raumfahrtagentur (ESA) durchgeführt, deren Unterstützung dankbar anerkannt wird.
©2017 Walter de Gruyter Berlin/Boston