Anatolia Antigua VII (1999), p. 19-67.
E. ÔZGEN , B. HELWING , A. ENGIN , O. NIEWENHUYSE et R. SPOOR*
OYLUM HÔYÛK 1997-1998 DIE SPÂTCHALKOLITHISCHE SIEDLUNG AUF DER WESTTERRASSE
1. Einleitung und Zielsetzung
Studien zum Spàtchalkolithikum im Syro- Anatolischen Taurus und Taurusvorland hatten in der Vergangenheit vor allem den letzten Abschnitt dieser Période in den Mittelpunkt ihres Intéresses gestellt, der durch einen intensiven kulturellen Kontakt und Austausch zwischen Mesopotamien und dem gebirgigen Hinterland wàhrend der sog. 'Urukexpansion' charakterisiert ist (Algaze, 1993 ; J. Oates, 1993). Erst in jiingerer Zeit hat sich das Forschungsinteresse starker auf den vorangehenden Zeitabschnitt, auf das Syro-Anatolische Spàtchalkolithikum gerichtet. Dank zahlreicher Grabungen in den Stauseegebieten entlang des Oberen und Mittleren Euphrat, darunter Nor§untepe (Hauptmann, 1972 ; 1976 ; 1979 ; 1982), Korucutepe (Van Loon, 1978 ; Brandt, 1978) und Tepecik(Esin, 1970 ; 1971 ; 1973 ; 1974-75), sowie in Arslantepe (Palmieri, 1981 ; Palmieri - Frangipane 1983 ; Frangipane, 1993 ; 1994 ; 1995), Hammam et-Turkman (Akkermans, 1988b) und Tell Brak (Oates - Oates, 1991 ; 1993 ; 1994) sind wir inzwischen wesentlich besser iiber diese Période unterrichtet.
Aufgrund dieser Untersuchungen wird mittler- weile deutlich, dass es sich beim Syro- Anatolischen Spàtchalkolithikum keineswegs um eine Période der kulturellen Stagnation im
Windschatten der entstehenden sumerischen Hochkultur handelt. Parallel zur Entstehung der Urukkultur in Babylonien zeichnet sich im Taurusumfeld eine eigenstàndige Entwicklung komplexer Gesellschaftssysteme ab. Im archàolo- gischen Befund deuten Sondergebâude, Glyptik und keramische Massenproduktion die Entstehung von arbeitsteiligen hierarchischen Gesellschaften lange vor dem ersten Kontakt mit der Urukkultur an.
Fur ein besseres Verstàndis dieses Prozesses ist eine zuverlàssige chronologische Gliederung uner- làsslich. Eine derartige chronologische Untertei- lung des Spàtchalkolithikums konnte insbesondere anhand der Siedlungsstratigraphien von Nor§unte- pe, Tepecik und Arslantepe erarbeitet werden1. Es zeichnet sich dabei eine Gliederung in drei Stufen, SCh 1-3, ab, die den Zeitabschnitt vom Ende der Ubaidzeit bis zur Aufgabe der Uruksiedlungen in Obermesopotamien iiberspanen. Die Einbindung des Westeuphratlandes, und damit der Brucken- schlag nach Kilikien und Anatolien, in dieses Chronologiesystem bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Daftir gibt es zwei Griinde : Zum einen liegen viele Pioniergrabungen, darunter Sakçagôzii - Coba Hôyiik (Taylor - Williams - Waechter, 1950), Tabara al-Akrad (Hood, 1951) und Tell e§-§eyh (Woolley, 1955: 5-6 ; French 1985 ; 1990) zwar im Westeuphratland. Zumeist
*) Hacettepe Universitesi, Edebiyat Fakiiltesi, Arkeoloji-Sanat Tarihi Bôliimii, Protohistorya ve Ônasya Arkeolojisi Anabilim Dah, 06532 Beytepe- Ankara, Tiirkiye.
**) Bilkent University, Faculty of Humanities and Letters, Département of Archaeology and History of Art, 06533 Bilkent- Ankara, Turkey.
***) National Museum of Antiquities, POB 11114, 2301 EC, Leiden, The Netherlands.
1) Die relative Chronologie der Malatya - Elazig - Region war im Oktober 1995 Thema eines Seminars in Istanbul (Pers. Mitt. H. Hauptmann ; s. a. Trufelli, 1997 : 6 Anm. 2).
In Nor§untepe ergab sich eine Gliederung in die drei Stufen SCh I-III mit mehreren Subphasen. Stufe SCh I ist mit der spaten Ubaidzeit zu parallelisieren, die Stufen SCh II-III lassen sich mit Gawra IX- VIII verbinden. Das Ende des Spàtchalkolithikums fehlt in Norçuntepe (Giilçur, in Vorb. ; s. Schmidt, 1996 : 6-9 fiir eine Zusammenfassung der Stratigraphie). Eine parallèle Entwicklung làsst sich im Tiefschnitt von Tepecik erkennen (Esin, 1970 ; 1971 ; 1973 ; 1974-75 ; Giilçur, in Vorber.). In Arslantepe laufen die Phasen VIII und VII mit Norsuntepe SCh II und III parallel, das Ende des Spàtchalkolithikums entspricht in Arslantepe Phase VI A (Palmieri, 1973 ; Frangipane, 1993 ; Trufelli, 1997). Fur eine zusammenfassende Darstellung der SCh-Chronologie, vergl. Frangipane, 1993 ; Trufelli 1997.
