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23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Handlungsempfehlungen aus dem Pilotprojekt EVI (Evidenzbasierte Informationen) zur Unterstützung von gesundheitskompetenten Entscheidungen) in Hausarztpraxen

Meeting Abstract

  • Nicole Posch - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich
  • Muna Paier-Abuzahra - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich
  • Karin Tropper - Institut für Gesundheitsförderung und Prävention GmbH (IfGP), Österreich
  • Andrea Siebenhofer - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich; Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmVS-6-01

doi: 10.3205/22ebm042, urn:nbn:de:0183-22ebm0423

Published: August 30, 2022

© 2022 Posch et al.
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Text

Hintergrund/Fragestellung: Ausgangslage für das Pilotprojekt waren die wenig zufriedenstellenden Ergebnisse zur Qualität von Gesundheitsinformationen (GI) aus dem MEDIB-Projekt [1] und die niedrige Gesundheitskompetenz der österreichischen Bevölkerung laut dem European Health Literacy Survey (HLS-EU) [2].

Ziel des EVI-Pilotprojekts in der Steiermark war es daher, nach evidenzbasierten GI zu recherchieren, hinsichtlich der Qualität zu bewerten und die hochwertigsten GI zu häufigen Behandlungsanlässen in der Hausarztpraxis in einer EVI-Box zur Verfügung zu stellen und auf der EVI-Homepage zu veröffentlichen (www.evi.at). Für die Entwicklung einer dauerhaften EVI-Initiative wurden aus dem Pilotprojekt Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Methoden: Nach der Entwicklung der EVI-Box [3] wurden Workshops zur Sensibilisierung zur Gesundheitskompetenz organisiert und die EVI-Box im Zeitraum von 2019–2021 an Hausarztpraxen verteilt. Eine Evaluierung erfolgte mittels Online-Umfrage der teilnehmenden Ärzt:innen. Die Patient:innensichtweisen zu ausgewählten GI aus der EVI-Box wurden im Rahmen von vier Fokusgruppen mit diversen Zielgruppen (u.a. mit Migrationshintergrund) erhoben. Auf Basis der Online-Befragung und Fokusgruppen wurden Handlungsempfehlungen formuliert.

Ergebnisse: Insgesamt konnten 160 Hausärzt:innen in Workshops zur Gesundheitskompetenz geschult werden. 93 EVI-Boxen wurden an Hausarztpraxen verteilt. 37% nahmen an der Online-Umfrage teil, davon fanden 85% den Einsatz der EVI-Box praktikabel. Die 23 Teilnehmer:innen der Fokusgruppen nahmen größtenteils die GI gerne an und konnten diese auch verstehen. Es konnten 14 Handlungsempfehlungen in drei Kategorien abgeleitet werden: allgemein (n=6), Erreichbarkeit von Patient:innen (n=2) und medizinischem Personal (n=6).

Schlussfolgerung: Handlungsempfehlungen (Auszug):

  • Aufgrund des großen Arbeitsaufwandes (Sammlung und Bewertung der GI, Wartung der Homepage, Bewerbung etc.) wäre im Sinne der Ressourcennutzung eine einheitliche Initiative für den gesamten deutschsprachigen Raum sinnvoll.
  • Für das weitere Betreiben der Initiative ist das Ausweiten der Behandlungsanlässe unabdingbar. Im Sinne der Berücksichtigung unterschiedlicher Gesundheitskompetenzen sind GI in unterschiedlichen Sprachen und in leichter Sprache notwendig.
  • Weitere Distributionswege (außerhalb der Arztpraxis) als Grundlage für die Vorbereitung zum Arzt-Patienten-Gespräch (z.B. Migrationsvereine) sollten forciert werden.
  • Gesundheitskompetenz sollte in die Ausbildung aller Gesundheitsberufe integriert werden.

Interessenkonflikte: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen.


Literatur

1.
Posch N, Horvath K, Wratschko K, Plath J, Brodnig R, Siebenhofer A. Written patient information materials used in general practices fail to meet acceptable quality standards. BMC Fam Pract. 2020 Feb 1;21(1):23. DOI: 10.1186/s12875-020-1085-6 External link
2.
Sørensen K, Pelikan JM, Röthlin F, Ganahl K, Slonska Z, Doyle G, Fullam J, Kondilis B, Agrafiotis D, Uiters E, Falcon M, Mensing M, Tchamov K, van den Broucke S, Brand H; HLS-EU Consortium. Health literacy in Europe: comparative results of the European health literacy survey (HLS-EU). Eur J Public Health. 2015 Dec;25(6):1053-8. DOI: 10.1093/eurpub/ckv043 External link
3.
Posch N, Loder C, Wratschko K, Abuzahra M.E, Siebenhofer A. Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen für die allgemeinmedizinische Praxis. Z Allgemeinmed. 2021;97(10):408-413. DOI: 10.3238/zfa.2021.0408–0413 External link