gms | German Medical Science

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Gesundheitskompetenz auf Augenhöhe: Erstellung von Gesundheitsinformationen in Leichter Sprache

Meeting Abstract

  • Sabine Schwarz - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland
  • Ines Olmos - Special Olympics Deutschland e. V. (SOD), Berlin, Deutschland
  • Svenja Siegert - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland
  • Imke Kaschke - Special Olympics Deutschland e. V. (SOD), Berlin, Deutschland
  • Corinna Schaefer - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf261

doi: 10.3205/22dkvf261, urn:nbn:de:0183-22dkvf2611

Published: September 30, 2022

© 2022 Schwarz et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In Deutschland können etwa 6,2 Millionen Erwachsene kaum lesen und schreiben. Ihnen kann es schwerfallen, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden. Das kann auch auf Menschen mit geistiger Behinderung, Demenz oder geringen Deutschkenntnissen zutreffen. Um ihnen den Zugang zur wissenschaftlichen Evidenz zu ermöglichen, kann die Leichte Sprache (LS) mit ihrer sprachlichen Einfachheit ein Instrument sein. Verfügbare Gesundheitsinformationen in LS beruhen jedoch häufig nicht auf einer systematischen Recherche und beinhalten direktive Formulierungen. Daher entwickeln ein Anbieter verlässlicher Gesundheitsinformationen und eine große Organisation für Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen gemeinsam Gesundheitsinformationen in LS.

Fragestellung und Zielsetzung: Wie können Gesundheitsinformationen in LS erstellt werden, die evidenzbasiert und leicht verständlich sind?

Methode: Die Priorisierung von Themen richtet sich nach den Bedürfnissen der Zielgruppe. Inhaltliche Grundlage für die Texte sind evidenzbasierte Gesundheitsinformationen in „Alltagssprache“. Diese werden von Expert*innen für LS „übersetzt“. Die Entwicklung folgt den Kriterien für gute Gesundheitsinformationen und dem Regelwerk für LS. Dazu zählt, dass die Texte auf Basis der bestverfügbaren Evidenz erstellt, redaktionell unabhängig und neutral formuliert sind, den Bedürfnissen der Zielgruppe angepasst sind sowie ein realistisches Bild von Erkrankungen vermitteln. Außerdem verzichten die Texte auf schwierige Satzbauten, Passivkonstruktionen und Fremdwörter. Statistiken zu Nutzen und Risiken von Untersuchungs- und Behandlungsoptionen werden verständlich vermittelt. Eine Prüfgruppe von Menschen mit Behinderung kontrolliert jeden Entwurf auf Verständlichkeit.

Ergebnisse: Die Rückmeldungen der Prüfgruppe zeigen, dass die Texte verständlich sind. Die wenigen Änderungen betreffen vor allem den Satzbau, die Fotoauswahl und ergänzende Erklärungen. Bisher sind 21 Dokumente in LS erstellt worden, die auf zwei Portalen frei verfügbar sind. Die Seiten wurden in den letzten 12 Monaten etwa 90.000- und 24.000-mal aufgerufen. Wer eine Information aufruft, verweilt dort lange (im Durchschnitt: 45 und 47 Sekunden). Am häufigsten waren die Informationen zum gesunden Lebensstil bei Diabetes und Angststörungen gefragt.

Diskussion: Um individuell angemessene Entscheidungen treffen zu können, sind Menschen auf gute Gesundheitsinformationen angewiesen. Allerdings gehen viele Angebote oft an den Bedürfnissen vieler Menschen vorbei. Hier können Gesundheitsinformationen in LS nach methodischen Standards zur Gesundheitskompetenz beitragen. Die Zugriffszahlen weisen darauf hin, dass die evidenzbasierten Gesundheitsinformationen in LS noch nicht ausreichend etabliert sind und noch selten genutzt werden.

Praktische Implikationen: Das Projekt zeigt, dass bei der Erstellung von Gesundheitsinformationen in LS die Balance zwischen Wissenschaftlichkeit, Informationsgehalt und Verständlichkeit gelingen kann. Ziel ist es, die Bekanntheit und die Anwendung der Gesundheitsinformation in LS zu erhöhen.

Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc)