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Spittal an der Drau
Bezirkshauptstadt in Kärnten. 1191 erste urkundliche Erwähnung, als die Brüder Hermann I. und Otto II. v. Ortenburg über der Anhöhe der Lieser ein Hospital und eine Kirche, aus der sich später die Pfarrkirche entwickelte, erbauen ließen. Dieses Armeleutespital war namensgebend für die Stadt. Im Nordwesten entwickelte sich der Markt, der urkundlich 1242 Erwähnung fand („apud Hospitale forum iuxta aquam Lieser dictam“, „Markt beim Hospital an der Lieser“). 1524 wurde der aus Spanien stammende Schatzmeister und Vertraute Ferdinands I. Gabriel v. Salamanca vom selbigen mit der Grafschaft Ortenburg belehnt. Er ließ das heutige Schloss Porcia, eines der wichtigsten Renaissance-Bauten außerhalb Italiens, erbauen. Es wurde erst 1597/98 unter seinen Nachfolgern fertig gestellt. Gabriel Fürst Salamanca-Ortenburg stiftete auch ein neues Spital im Markt, auf der linken Seite der Lieser, das den Namen „Hofspital“ und bald darauf den Namen „Spittl“ bekam. Der Bau der Spitalskirche schritt nur langsam voran und wurde erst unter Martin Graf Widmann, der gemeinsam mit seinem Bruder, nach Aussterben der Salamanca, 1640 die Grafschaft Ortenburg erwarb, fertiggestellt und dem Jesuitenheiligen Franz Xaver geweiht. 1797 wurde Sp. von französischen Truppen besetzt. Ein Großbrand vernichtete Markt, Schloss, Pfarrkirche und Spitalsgebäude mit Franz Xaver-Kirche. Das Spitalsgebäude wurde erst unter Joseph und Constanzia Jackl, die es 1836 erwarben, wiederhergestellt. Folgend gab das „Spittl“ dem Bezirksgericht, der Volksschule, der Kaserne und schließlich, seit 1998, der Fachhochschule Kärnten Unterkunft und bietet heute auch einen schönen Rahmen für kulturelle Veranstaltungen. 1662 erwarb der aus Italien stammende Fürst Johann Ferdinand v. Porcia die Grafschaft Ortenburg, seine Nachkommen residierten bis 1918 in Sp. 1930 wurde Sp. zur Stadt erhoben. 1952 erwarb die Stadt das Schloss Porcia und etablierte es zum kulturellen Mittelpunkt. 1954 wurde der Kulturring der Stadt Sp. von Michael Luptowitz, Walther Medweth und Franz Bürger gegründet.

1498 taucht der Name Grebitschiczer erstmals auf, darunter ist auch ein Orgelbauer belegt. In Sp. bestanden zwei Kirchenmusik-Stiftungen. Eine ist für einen Kantor und zwei Sängerknaben an der Pfarrkirche Maria Dornach seit dem Jahr 1656 (als von altersherbestehend) bis 1795 nachweisbar. 1697 übernahm der Pfarrer Johann Georg Knaffl diese Einrichtung und errichtete eine zweite Stiftung „item Vor einen Cantore und unterhaltung der Music“. Seit 1860 besteht in Sp. durchgehend ein Kirchenchor; Chorleiter: Oberlehrer Daratin (1860–75), Karl Cill (1875–1905), Albin Baldele (1905–55, auch Organist), Josef Lesacher (1955–57, auch Organist), Josef Leiler (1957–66, auch Organist), J. Lesacher (1966–77, auch Organist), Edith Egger (1977/78, auch Organistin), Wolfgang Pichle (1983–89, auch Organist), Helmut Luksch (1990–92, auch Organist), Gregoria Hötzer (1992–94), Karl Brunner (1994–2001), Regina Pleschberger (seit 2001). Die heutige Orgel (II/27) der Stadtpfarrkirche, im nördlichen Altarraum aufgestellt, stammt von der Firma Rieger aus dem Jahr 2005 und ersetzte eine Mauracher-Orgel aus dem Jahr 1906. In der evangelischen Kirche Sp. errichtete die Firma Rieger bereits 1994 eine neue Orgel (II/17); hier befand sich 1924-72 eine pneumatische Orgel von A. Behmann (II/14), danach eine elektronische Orgel.

Die Grafen von Ortenburg unterhielten eine eigene Kapelle. Spätestens seit dem letzten Drittel des 16. Jh.s ist eine Hofmusik nachweisbar, ein Sängerchor, der bei Gottesdiensten und bei weltlichen Anlässen, Festen und hohen Besuchen sang. In der Zeit des Grafen Hans und seines Sohnes Ferdinand II. ist die Existenz einer Hofmusik belegbar. 1589–1606 diente unter ihnen der aus Magdeburg/D stammende Sänger Johann Kleinaur („Hofsinger und Bassist zu Sp.“). Aber bereits Ernfried († 1587), der jüngste Sohn Gabriel Salamancas, soll eine Kapelle unterhalten haben. Er sorgte bei den Hochzeitsfeierlichkeiten Erzhzg.s Karl II. in Wien für Aufsehen, da er Spielleute mitgebracht hatte, die mit der berühmten Hofkapelle des Erzherzogs mithalten konnten.

Im Schloss Porcia spiegelt sich die Musikgeschichte Sp.s wider, was schriftliche Quellen und auch Reliefe am Gebäude belegen. Schriftliche Überlieferungen zeigen, dass um die Mitte des 18. Jh.s der Musik eine große Bedeutung im höfischen Leben zugedacht war. Die Fürsten Porcia unterhielten Hofmusiker und investierten große Summen für Anschaffung und Instandhaltung von Instrumenten. 1756 wurde anlässlich des Geburtstages von Alphons Gabriel Fürst Porcia ein Musikstück aufgeführt: Fabius Porcius Musica, die Liebe des wahren Glaubens, komponiert von Andreas Klaus, Chorregent zu St. Veit, mit einem Text vom Leibmedicus Niklas Kögl. Aufgeführt wurde das Stück von Musikern der fürstlichen Hofkapelle, die Hauptrollen der Sänger übernahmen der Pfarrer von Holz und der Gräflich Lodronische Hofkaplan, in weiteren Rollen fanden sich Bürgersfrauen und Mitglieder des Hofes. Ein Inventarium aus dem Jahre 1776 ist die wichtigste Quelle über die Musikpflege der Fürsten Porcia. Es ist eine Auflistung der Instrumente, die sich im Musikzimmer der Fürsten befanden: „1 Basset oder Violoncello, 4 Violin, 1 Violl di Braccio, 2 Waldhorn, 2 Trompettn samt Mundstückl, 2 Hautbois, 2 Flautons, 2 Flauten, 1 Böhmisches Cymbal“. Diese Instrumentierung entsprach einem, für das 18. Jh. vollwertigen, sogar großen, Orchester. Das gesellschaftlich-höfische Leben, zu dem auch Feste, Bälle und Huldigung der Künste gehörten, hatte unter den Fürsten Porcia große Bedeutung. Auch bei der Auswahl ihrer Bediensteten forderten die Herrschaften, dass diese neben ihren vorgesehenen Tätigkeiten auch ein Instrument beherrschen sollten. Mit Ende der Herrschaft von Alphons Gabriel I. Fürst Porcia 1835 begann das Interesse an Hofmusik und deren große Bedeutung im Schloss zu schwinden.

Erst in der 2. Hälfte des 19. Jh.s trat die Musik, durch Initiativen des Bürgertums (bürgerliche Musikkultur), wieder stärker hervor. 1861 wurde der Männergesangsverein 1861 (Männergesang, Männerchor) gegründet, der anfangs auch ein größeres Orchester (Orchesterverein und eine Theatergruppe einschloss. Nach Bemühungen von H. Drewes und Kurt Pacher wurde 1955 der Gemischte Chor Sp. gegründet, der 1960 in Singkreis Porcia umbenannt wurde. Den Chor zeichnet die Vielseitigkeit seines Programmes aus, das von Renaissancemusik über Volkslied bis zu moderner Musik und internationalem Repertoire reicht. Er legt Wert auf eine genuine Interpretation der Volkslieder. Der Singkreis hatte durch H. Drewes einen der „Väter“ des Neuen Kärntnerliedes als Chorleiter. Seit 2006 leitet Bernhard Wolfsgruber den Chor und legt auf Wahrung der Tradition und des Chorcharakters Wert, setzt aber mit seiner Arbeit neue Akzente, nicht zuletzt durch die Gründung des Jugendchors Porcia. Der Garnisonschor Sp. wurde 1973 gegründet. Neben dem Singen geistiger Lieder, alter Volkslieder, von Kärntnerliedern und auch internationalen Gesängen, ist ihm die Pflege des alten und neuen Soldatenliedgutes ein besonderes Anliegen. Ambidravi Vocal wurde 1995 unter der musikalischen Leiterin Margit Zlattinger gegründet. Das Wort „Ambidravi“, keltischen Ursprungs, meint „beiderseits der Drau Wohnende“ und bedeutet, dass die Mitglieder, die aus dem Großraum Sp. kommen, für verschiedene musikalische Richtungen offen sind.

Internationales Ansehen für die Chormusik erlangte Sp. 1964 mit dem 1. Internationalen Chorwettbewerb im Schloss Porcia. Initiatoren waren G. Mittergradnegger und H. Drewes, unterstützt durch den Leiter des Sp.er Kulturringes, Michael Luptowitz. Der Wettbewerb findet seither in Zusammenarbeit mit dem Singkreis Porcia jährlich in der ersten Juliwoche statt und hat sich zu einem kulturellen Höhepunkt in Kärnten entwickelt, bei dem sich SängerInnen aus allen Teilen der Welt einer internationalen Fachjury stellen. 1986 wurde erstmalig, unter Leitung des Komponisten B. Strobl, zusätzlich zum Chorbewerb ein Kompositionswettbewerb ausgeschrieben, der alle zwei Jahre stattfindet. Komponisten aus ganz Europa nehmen daran teil. Seit 1984 finden, ebenfalls auf Initiative von H. Drewes, im Schloss Porcia alle zwei Jahre im Mai die Sp.er Chortage statt, die aus den Kärntner Chortagen hervorgingen und ausschließlich von Chören Sp.s und Umgebung gestaltet werden. Ein Internationales Stimmbildungsseminar, mit Schwerpunkt Chormusik, wird jährlich in der Woche nach Ostern im Schloss Porcia veranstaltet.

Eine Bürgergarde Sp. wird erstmals 1642 erwähnt. Es ist anzunehmen, dass sie eine Türkische Musik besaß. Aus einer Aufzeichnung vom 22.8.1779 geht hervor, dass die Sp.er Bürgergarde 1773 zu Hilfe eilte, als sich die Millstätter Bauern gegen das Kloster erhoben. Sie zogen mit „Trompeten und Paukenschlag“ nach Millstatt. Erste Belege für das Bestehen der Stadtkapelle gehen auf das Jahr 1880 zurück, gegründet unter Obmann Ernst Sorgo und Kapellmeister Rainer. Der Erste Weltkrieg unterbrach die Musiktätigkeit des Vereines, der nach dem Krieg als Sp.er Bürgermusik seine Tätigkeit wieder aufnahm. Kapellmeister waren Matthias Brugger und Rudolf Kummerer. 1938 wurde aus den Jungmusikern der Gebietsmusikzug der HJ gebildet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte die Neugründung unter Obmann Josef Schwager und Kapellmeister Brugger als Stadtkapelle Sp. Weitere Kapellmeister: Anton Lindner, Hans Leiler, Alfred Kotric (1966–86), Christian Ebner (1986–2012), Rudolf Truskaller (seit 2012). Die Kärntner Gebirgsschützenkapelle, 1994 durch Obmann Alois Sulzgruber und Kapellmeister Christoph Vierbauch gegründet, ist eine von herausragenden Musiker/-innen des Oberkärntner Raumes gebildete Traditionsmusik, mit dem Ziel, v. a. altösterreichische Militärmusik in hoher Qualität zu pflegen. Die Uniform ist der Offiziersuniform der k. u. k. Landwehr, Vorgänger der Gebirgsschützen, nachempfunden. Das Sp.er Jägerbataillon Nr. 26 ist Gründer und Schirmherr der Kapelle.

1984 wurde unter Leitung Heinz Kuppers der Verein Kultursignale gegründet. Er setzt sich mit dem Bereich der Jugendkultur auseinander. Folgende Musikfestivals seien besonders erwähnt: Das Porcia Folkfestival fand 1983–88 Ende Juni statt und bot Volksmusik aus aller Welt. Die Internationale Woche der Gitarre, die Konzerte und Fortbildung kombinierte, wurde 1987–89 im Sommer ausgetragen. Das Schloss Porcia bietet Raum für Konzerte unterschiedlicher Musikrichtungen, die vom Kulturamt der Stadt veranstaltet werden. Guitarena wurde von Hartwig Weiher erstmals 1993 organisiert und bot seither hochkarätigen Gitarrenvirtuosen und Nachwuchstalenten die Möglichkeit im Ortenburgerkeller des Schlosses Porcia aufzutreten. Porcia Klassik, ein 2009 gegründetes Kulturprojekt, bringt Konzerte renommierter Künstler und Ensembles mit Musik von Barock bis zur Gegenwart in den Musiksaal des Schlosses.


Literatur
C. Fräss-Ehrfeld, Gesch. Kärntens 2 (1984); R. Huber, Die Blasmusik in Kärnten [1991]; S. Kogler (Hg.), Konzertmusik und Heimatklang. Die Blasmusik in Kärnten 2004; Beiträge von Th. Meyer u. H. Prasch in Chronik 800 Jahre Sp. 1191–1991, hg. v. der Stadtgemeinde Sp. 1991; M. Neumann in Neues aus Alt-Villach. 6. Jb. des Stadtmuseums 1969; H. Prasch in K. Anderwald (Hg.), Das Spittl im Wandel der Zeit 2000; H. Prasch, Stadtkapelle Sp. 100 Jahre Blasmusik. 1880–1980, 1980; K. Rauter in Carinthia I 151 (1961); Eberstaller 1955; V. Ertl, 30 Jahre Garnisonschor Sp. an der Drau Innsbruck,  (Gert). 429ff..Ammann Graz,  1-7,  Prag,  Kassel, in Aderhold in: Werner (Michael).  Litschauer/Walburga Kube Salzburg, 1971/72 55.Internationale Stiftung Mozarteum  Linz,  14/1 und 14/2,  völlig neu bearbeitete Auflage/ Berlin, in Stammler in: Wolfgang (Kurt).  Ruh Wien, in Grasberger in: Renate (Erich Wolfgang Anton Bruckner Dokumente und Studien).  PartschJournal of Musicological Research. Aufl. 2-3 133–145. Atzenbrugg,  Stuttgart, in Hermand in: Jost (Reinhold).  Grimm Prag,  Wien, 58 Musical Quarterly. Aufl. 349–364. 43, 281.39 Singende Kirche. Aufl. 127–132. New York,  (Murray). Current Musicology. Aufl. 37-38 75–88.Dineen28 Musikforschung. Aufl. 153–156. 15,  Berlin, in Müller in: Gerhard (Gerhard Theologische Realenzyklopädie).  770–778KrauseWien Innsbruck,  Tutzing,  (Hubert). 335ff..Unverricht Graz,  Die Wiener Schule und die Alte Musik,  Wien, in Muxeneder in: Therese (Eike Journal of the Arnold Schönberg Center 15).  247–259Feß Berlin,  (Werner). 54 Schuder 29, Studien zur Musikwissenschaft. Aufl. 171–195. Lanham,  Malmö,  (www.bundesheer.at; 7/2015); Kulturbericht der Stadt Sp./Drau 2013/14 (www.spittal-drau.at; 7/2015); www.ambidravi.at (7/2015); www.chorbewerb-spittal.at (7/2015); www.guitarena.com (7/2015); www.kath-kirche-kaernten.at (7/2015); www.evang-spittal.at (7/2015); www.schloss-porcia.at (7/2015); www.spittal-drau.at/ (7/2015); volkskultur-kaernten.at (7/2015).

Autor*innen
Maria Streit
Letzte inhaltliche Änderung
11.8.2015
Empfohlene Zitierweise
Maria Streit, Art. „Spittal an der Drau‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 11.8.2015, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003262e0
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10.1553/0x003262e0
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