Logo ACDH-CH
OeML Schriftzug
Logo OeML
Logo Verlag

Fastnachtspiel (Fastnachtsspiel)
Das F. steht am Beginn mittelalterlich-weltlicher dramatischer Dichtung in deutscher Sprache. Mit dem Wort werden ganz allgemein verschiedene derb-komische Spielaufführungen während der Fastnachtszeit (Fasching) bezeichnet, die kleinere, etwa 4 bis 10 Personen umfassende „Laien“-Schauspielgruppen dargeboten haben. Die in Schriftform überlieferten Spieltexte enthalten je 100 bis 600 Verse und bezeugen das Ineinanderfließen von Sprache, Musik und Tanz. Die wichtigsten Handschriften stammen aus der 2. Hälfte des 15. Jh.s (in Wolfenbüttel, Dresden, Nürnberg und München), wobei zwei Namen besonders hervortreten, nämlich Hans Rosenplüt, der „schneperer“, und Hans Folz, der die weitere Entwicklung hin zu H. Sachs geführt hat. Mit H. Sachs sowie Peter Probst und Jakob Ayrer prägt Nürnberg so sehr die literarische Gattung F., dass W. F. Michael formulieren konnte: „Das deutsche F. ist in Nürnberg zuhause; dort entstand es; dort gewann es durch Rosenplüt und Folz aus primitiven rohen Anfängen eine gewisse, noch einfache, doch wirkungsvolle Gestalt; dort erlangte es im 16. Jh. durch den Meister Hans Sachs seine letztmögliche Form. Wer heute von F.en spricht, [...] denkt an Hans Sachs“ (W. F. Michael 1972, 253).

Obgleich die Spiele von H. Sachs vielfach nach Österreich ausgestrahlt haben, liegt eine bescheidene „österreichische“ Tradition nur in Tirol vor, wo die wirtschaftliche Blüte der Brenner-Städte um 1500 eine städtisch-bürgerliche Spielkultur bedingte. Die von dem Maler und Spielleiter Vigil Raber niedergeschriebenen 25 F.-Texte sind zum größten Teil Übernahmen und Weiterbildungen von Nürnberger Spielen, allerdings den örtlichen sprachlichen und sozialen Bedingungen angepasst. „Doch übertrifft der stoffliche und formale Reichtum der sogenannten Sterzinger Spiele (hg. von O. Zingerle) die Nürnberger Texte um ein Vielfaches“ (W. M. Bauer 1984, 101).


Literatur
W. M. Bauer in Reallex. der dt. Literaturgeschichte 4 (21984); E. Catholy, Das F. des Spätmittelalters 1961; E. Catholy, F. 1966; J. Janota in H. Rupp (Hg.), Philologie und Geschichtswissenschaft 1977; A. v. Keller, F.e aus dem 15. Jh. 1–4 (1853); H. Linke in E. Kühebacher (Hg.), Tiroler Volksschauspiel 1976; W. F. Michael, Frühformen der dt. Bühne 1963; W. F. Michael, Das dt. Drama des Mittelalters 1971; W. F. Michael in [Fs.] L. M. Hollander 1972; O. Zingerle (Hg.), Sterzinger Spiele 1886.

Autor*innen
Wolfgang Suppan
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Wolfgang Suppan, Art. „Fastnachtspiel (Fastnachtsspiel)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x00020302
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.