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Publicly Available Published by Oldenbourg Wissenschaftsverlag May 30, 2017

Clemens Range, Kriegsgedient. Die Generale und Admirale der Bundeswehr, Müllheim: Translimes Media 2013, 647 S., EUR 44,90 [ISBN 978-3-00-043646-8]

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Rezensierte Publikation:

Range Clemens, Kriegsgedient. Die Generale und Admirale der Bundeswehr, Müllheim: Translimes Media 2013, 647 S., EUR 44,90 [ISBN 978-3-00-043646-8]


Clemens Range legt mit dem hier zu besprechenden Band sein jüngstes Werk vor, das sowohl in Thematik wie Herangehensweise an einige seiner bisherigen Werke erinnert. Hinsichtlich der ausgewählten Personengruppe kriegsgedienter Generale und Admirale steht es – in ausdifferenzierter Weise – seiner 1990 erschienenen Arbeit über Generale und Admirale in der Bundeswehr am nächsten. Es schließt in gewissem Sinne aber auch an das 2010 erschienene Werk »Tapferer Adel« oder die »Ritterkreuzträger in der Bundeswehr« (2. Aufl. 2001) an. Diese Werke beleuchten jedes für sich schlaglichtartig, in der Summe dichter, das, was unter verschiedenen Blickwinkeln als militärische Elite zwischen 1933 und 1990 bezeichnet werden könnte.

Der hier vorliegende Band versteht sich als Lexikon derjenigen 828 Generale und Admirale der Bundeswehr, die durch ihre Teilnahme als Soldaten oder Angehörige der Wehrmacht oder Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg »kriegsgedient« waren. Damit steht das Werk in gewisser Konkurrenz zu den von Dermot Bradley, Hansgeorg Model und Heinz-Peter Würzenthal verantworteten und mittlerweile bis zum Buchstaben Q (Osnabrück, 2005) fortgeschriebenen Bänden über die gesamte Generalität der Bundeswehr zwischen 1955 und 1997. Zudem besteht eine thematische Nähe zu Dieter E. Kilians »Elite im Halbschatten« (Bielefeld 2005) bzw. »Führungseliten« (Bielefeld, 2014).

In seiner Einleitung widmet sich Range auf knapp dreißig Seiten der Darstellung des historischen Rahmens: Reichswehr, Wehrmacht, Zweiter Weltkrieg und Aufbau der Bundeswehr. Erläuternde Ausführungen zu einer ausdifferenzierten Fragestellung, methodischen Überlegungen oder einer ausführlicheren Darstellung der Forschungs- und Quellenlage fehlen. Sie hätten dem Band in jeder Hinsicht gutgetan, auch wenn er sich weniger an ein Fachpublikum, als an eine interessierte Öffentlichkeit wendet.

An die Einleitung schließt sich das Lexikon der kriegsgedienten Generale und Admirale an. Jedem dieser hohen Offiziere wendet sich Range in einem biografischen Steckbrief zu; einige der Generale erfahren darüber hinaus eine ausführlichere, zum Teil anekdotenhafte Darstellung. Zu beinahe jedem der Offiziere präsentiert Range eine zeitgenössische Abbildung, führt Namen und letzten Dienstgrad an. Es folgen ferner Geburtsdatum, Geburtsort und Beruf des Vaters: alles Angaben, die für eine Sozialgeschichtsschreibung dieser gesellschaftlichen Gruppe von besonderer Bedeutung sind. Die nicht minder relevante Variable über die konfessionelle Zugehörigkeit fehlt bedauerlicherweise.

Hieran schließt sich in geraffter Form der vollständige Dienstweg der Soldaten, den Range mit dem Eintritt in die jeweiligen Streitkräfte beginnen und mit dem Dienstzeitende schließen lässt, an. Verwendungen und Stehzeiten, Dienstgrade und Beförderungen werden über die Dienstzeit in den verschiedenen Armeen hinweg nachgezeichnet. Bemerkenswerterweise schildert Range auch die Stationen in der Nachkriegszeit bis zum (Wieder-)Eintritt in die Bundeswehr, sodass ein lückenloser beruflicher Werdegang nachgezeichnet werden kann – wobei bei mehr als einem der Generale gerade in Hinblick auf seine Tätigkeit in der Nachkriegszeit Vorsicht geboten ist. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen stichprobenhaft, dass ausgerechnet bei denjenigen Offizieren, die eine Rolle für die geheim gehaltene Vorgeschichte des Wehrbeitrags gespielt haben, die in den Bundeswehr-Personalakten verzeichneten Angaben über deren Tätigkeit zwischen 1945 und 1955 teilweise fehlerhaft sind. Auch die eigene Beschäftigung des Rezensenten mit den Akten des betreffenden Bestandes des Bundesarchivs legt nahe, dass aus Gründen der zeitgenössischen Geheimhaltung die Angaben in den Bewerbungsbögen, aus denen Range überwiegend geschöpft haben dürfte, nur als bedingt zuverlässig einzustufen sind, eine Quellenkritik mithin nottäte. Range listet darüber hinaus die von den Soldaten während ihrer Dienstzeit erworbenen Orden und Ehrenzeichen auf.

Nachdem auf diese Weise alle kriegsgedienten Generale und Admirale dargestellt worden sind, schließt sich ein als Glossar aufzufassender ausführlicher Anhang an, der Auskunft über die soziale Herkunft, explizite Verwandtschaftsverhältnisse unter den Generalen, wie Vater-Sohn-, Bruder-Bruder-, Schwiegervater-Schwiegersohn- oder Verschwägerungsverhältnisse, gibt. Auch eine Zusammenstellung der adeligen Offiziere fehlt nicht. Range sortiert die Soldaten nach Geburtsjahrgängen, stellt fest, welche von ihnen aus der Polizei hervorgegangen oder Angehörige der Legion Condor gewesen sind.

An diese Übersichten schließt ein Exkurs über die an die Generale verliehenen Orden und Ehrenzeichen an. In geraffter Form werden sie in Wort und Bild vorgestellt, bevor für jede Auszeichnung festgehalten wird, welcher der 828 vorgestellten Offiziere diese trug. Hierauf folgen Zusammenstellungen derjenigen Offiziere, die im engeren Sinne die Aufbaugeneration der Bundeswehr darstellen, weil sie bereits vor deren Aufstellung 1955/56 Angehörige des Amtes Blank oder der Organisation Gehlen waren. Der Band endet mit einer Aufstellung der Absolventen der verschiedenen Generalstabs-/Admiralstabslehrgänge. Am Schluss steht eine Übersicht der Generale nach ihren Dienstgraden.

Mag man auch an dem wissenschaftlichen Zugang des Buches zweifeln, so zeugt dieses dennoch nicht nur von einem anerkennungswürdigen Fleiß, sondern bietet dem Historiker eine reiche Stofffülle. Der Band leidet gleichwohl grundsätzlich daran, dass er als Denkmal für die kriegsgediente Aufbaugeneration der Bundeswehr verstanden werden will, damit »die ›Kriegsgedienten‹ – also die Aufbaugeneration der Bundeswehr – nicht in Vergessenheit gerät« (S. 5). Damit begibt Range sich von vornherein in ein Diskussionsumfeld, das von seinen extremen Enden her polemisiert und sich somit einer ausgewogenen Deutung entzieht.

Jenseits seines fast hagiografischen Ansatzes besticht der Band gleichwohl durch seinen unbestreitbaren Nutzen. Dieser wird jedoch unnötigerweise dadurch geschmälert, dass Range seine Quellen nicht nennt. Weit überwiegend dürften die Daten aus der Durchsicht der Personalunterlagen im weitesten und der Personalstammakten der Generale im engeren Sinne gewonnen worden sein. Inwiefern sie im Einzelfall jedoch ergänzungsbedürftig waren, welche weiteren Quellen im spezifischen Fall herangezogen wurden, bleibt unklar. Belastbar im engeren Sinne der Geschichtswissenschaften ist eine derartige Vorgehensweise nicht. Der Wunsch, ein nüchternes Lexikon und unverzichtbares Hilfsmittel des Historikers zu werden, steht damit infrage, auch wenn einzuräumen bleibt, dass sich das prosopografisch-biografische Werk in einem Spannungsfeld von Schutz personenbezogener Daten einerseits und Freiheit der Wissenschaft andererseits bewegt. Nicht alles, was wissenschaftlich wünschenswert ist, ist widerspruchsfrei in Einklang mit der geltenden Gesetzeslage zu bringen. Dies mag erklären, warum Range sowohl auf die Angabe der Konfession als auch auf die Nennung der Aktensignaturen verzichtet.

Bei allen wissenschaftlichen Mängeln ist das Buch gleichwohl für jeden Historiker, der sich mit der Personengeschichte der deutschen Militärgeschichte im 20. Jahrhundert befasst, ein wertvoller Begleiter. Der Wissenschaftler wird auf Bradley und nun auf Range zurückzugreifen haben und mit den angesprochenen Mängeln leben, oder aber selbst in den Beständen des Bundesarchivs recherchieren müssen.

Online erschienen: 2017-5-30
Erschienen im Druck: 2017-5-4

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 26.5.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/mgzs-2017-0067/html
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