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Publicly Available Published by De Gruyter (A) September 9, 2018

Julien Monerie, D’Alexandre à Zoilos. Dictionnaire prosopographique des porteurs de nom grec dans les sources cunéiformes, Stuttgart (Franz Steiner Verlag) 2014 (Oriens et Occidens 23) 225 S., 18 Abb., 1 Kte., ISBN 978-3-515-10956-7 (brosch.) € 48,–

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Monerie Julien D’Alexandre à Zoilos. Dictionnaire prosopographique des porteurs de nom grec dans les sources cunéiformes, () 225 S., , ISBN Franz Steiner Verlag Stuttgart (Oriens et Occidens 23) 1 225 18 Abb., 1 Kte. 2014 978-3-515-10956-7 (brosch.) € 48,–


Das hier zu rezensierende Buch von Julien M(onerie) ist die überarbeitete Version einer im Jahr 2008 an der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne bei Professor Francis Joannès angefertigten Masterarbeit. Das Kernstück bildet die Prosopographie (109–176) aller Personen griechischen Namens von Admetos bis Zoilos im keilschriftlichen Textcorpus von neuassyrischer bis in parthische Zeit. Dazu bietet M. eine Einleitung zur Geschichte Babyloniens und zu den verschiedenen Textgattungen und ihrer Verteilung (18–29), eine detaillierte linguistische Untersuchung zur Schreibweise griechischer Namen in den Keilschrifttexten (31–63) sowie eine Darstellung zur Gesellschaft Babyloniens und dem griechischen Einfluss im südlichen Zweistromland in hellenistisch-parthischer Zeit (65–108). An die sehr aktuelle Literaturliste schließen sich mehrere Anhänge an (197–208), u. a. eine Liste der ins Babylonische übernommenen griechischen Begriffe, eine Aufzählung der griechischen Stadtnamen in Keilschrifttexten sowie ein Verzeichnis der bezeugten Satrapen und Strategen Babyloniens. Das Quellenverzeichnis dokumentiert die herangezogenen Texte; in einer Konkordanz finden sich zudem alle Schreibweisen der Namen aufgelistet.

Die Auswertung der Keilschriftchroniken hellenistischer Zeit und der historischen Sequenzen der „Astronomischen Tagebücher“ (= AD) stellt die Basis jeder Beschäftigung mit dem Seleukiden- oder frühen Partherreich dar. Die meisten Texte sind in Editionen zugänglich, die teils gedruckt oder im Fall der Chroniken in einer von I. Finkel und R. van der Spek erstellten Vorabversion online (http://www.livius.org/sources/about/mesopotamian-chronicles/ = BCHP) vorliegen. Vor allem die neuen, teils winzigen Stücke dieser Chroniken haben das Wissen immens erweitert: So beweist BCHP 11 jetzt, dass Ptolemaios III. 246/5 v. Chr. tatsächlich bis Babylon vorgedrungen ist; BCHP 13 („Politai chronicle“) und 14 („Greek Community chronicle“) enthalten Informationen zu „Griechen“ in Babylonien.

M.s kurzer Überblick zum Kontakt von Griechen mit den Reichen des Alten Orients (18–21) zeigt, dass dortige Präsenz von Griechen kontinuierlich bis zur Eroberung Babylons durch Alexander den Großen gegeben war, sich aber kaum in den Texten niederschlug. Babyloniens Geschichte unter Seleukiden und Parthern (21–24) skizziert M. knapp; der „‚dernier clou‘ cunéiforme“ (24), der bisher durch einen Almanach aus Babylon vom Jahr 74/5 n. Chr. markiert worden war, ist jetzt durch einen Almanach von 79/80 n. Chr. aus Uruk leicht nach hinten verschoben (H. Hunger – T. de Jong, Almanac W22340a From Uruk. The Latest Datable Cuneiform Tablet, Zeitschrift für Assyriologie 104.2, 2014, 182–194). Der neue, M. noch nicht bekannte Text besitzt neben dem chronologischen einen weiteren Aspekt: Bestand für Babylon bisher an der Existenz der Tempel noch im 2. Jh. n. Chr. kein Zweifel, so muss dies nun auch für das südbabylonische Uruk angenommen werden, wo bisher von einem Ende der beiden Haupttempel etwa um 90 v. Chr. ausgegangen worden war. Ohne die Existenz der Tempel jedoch sind Kopie von Ritualtexten und Erstellung astronomischer Texte undenkbar. Die „Astronomischen Tagebücher“ enden bisher mit dem Jahr 62/1 v. Chr.

M.s Ausführungen zur keilschriftlichen Wiedergabe griechischer Namen folgen dem heute noch gültigen Aufsatz von W. Röllig (Griechische Eigennamen in Texten der babylonischen Spätzeit, Orientalia N. S. 29, 1960, 376–391). Es seien hier zwei Besonderheiten erwähnt: Die Wiedergabe des in hellenistischer Zeit längst verschwundenen Digamma wurde im Akkadischen stets beachtet, während der Spiritus asper nur gelegentlich mit ḫ wiedergegeben wurde (46 f.). Eine Einheitlichkeit der Wiedergabe häufiger Personen- bzw. Königsnamen – so besitzt z. B. Antiochos 15 Varianten plus zwei Abkürzungen – wurde nie erzielt. Trotz einer durchaus erkennbaren Regelhaftigkeit in der Wiedergabe griechischer Buchstaben und Lautkombinationen lassen sich manche Namen nicht sicher rekonstruieren – insbesondere wenn ein entsprechender Name im Griechischen nicht zu existieren scheint (z. B. 150a: Latikiros; 169b: Tatedidos).

Im Kapitel „Hommes et société en Babylonie hellénistique et parthe“ (65–108) behandelt M. Aspekte der makedonischen Anwesenheit in Babylonien. Einem einleitenden Kapitel zum Begriff Hellenismus und seinen Auswirkungen auf Babylonien (65–72) folgen Überlegungen zur Namenswahl (72–87), dem Phänomen der „Doppelnamen“, das auch im ptolemäischen Ägypten belegt ist, und den dahinterstehenden „stratégies sociales“. Als Beispiel wählt M. die gut bezeugte urukäische Familie Ah’utu: Antiochos II. verlieh Anu-uballiṭ, Statthalter von Uruk und verantwortlich für den Bau des gewaltigen Bīt-Rēš, den Namen Nikarchos; an den Nachkommen des Anu-uballiṭ-Kephalon (vgl. 82, Abb. 11) lässt sich anschaulich das Wechselspiel zwischen babylonischen und griechischen Namen innerhalb der Generationen beobachten. Den folgenden Abschnitt zum hellenistisch-parthischen Babylonien (87–108) teilt M. in vier Unterkapitel: „Le premier siècle de domination macédonienne: le temps de l’altérité (fin IVe s.–mi. IIIe s. av. J.-C.)“ (88–93), „Le dernier âge d’or des sanctuaires (déb. IIIe s.–déb. IIe s. av. J.-C.)“ (93–97), „Le choc des poliadisations (déb.–mi. IIe s. av. J.C.)“ (97–101) und „Une nouvelle identité régionale? (mi. IIe s.–mi. Ier s. av. J.-C.)“ (102–107). Neben einer Blütezeit der Tempel (Ezida in Borsippa, Bīt-Rēš in Uruk) im 3. Jh. v. Chr. zeigen sich ab Antiochos IV. Tendenzen hin zur „Hellenisierung“ Babyloniens: Die Zahl der „griechischen“ Poleis, darunter auch Babylon, wuchs, der Begriff des Polisbürgers (pulite), der makedonischen Ratsversammlung (peligānu) und andere griechische Termini fanden Eingang in den Wortschatz.

Im prosopographischen Teil listet M. alle in den Keilschrifttexten genannten griechischen Namensträger auf: Aus hellenistischer Zeit sind es, inklusive Herrschernamen, 103 verschiedene männliche und sieben weibliche Namen; hinzu kommen acht zyprische Könige aus neuassyrischen Dokumenten, drei „Griechen“ (Epimenatos, Hipparonates, Peridaurios), die in einem Text aus Tarsos der ersten Hälfte des 7. Jh.s v. Chr. erscheinen, sowie ein gewisser Antikritos, der als flüchtiger Soldat (?) in einem neuassyrischen Dokument der Zeit Asarhaddons (680–669 v. Chr.) genannt wird. Die Mehrzahl dieser Namen ist nur einmal in den Texten belegt; die meisten Träger kommen in Verträgen als Beteiligte oder Zeugen vor und besitzen keine historische Bedeutung. Im Gegensatz zum ptolemäischen Ägypten ist die fassbare Zahl der Griechen in Babylonien auch deshalb gering, weil sich nur Tontafeln, nicht jedoch andere Schriftträger erhalten haben. Der Gebrauch der Keilschrift aber war auf das Umfeld des Tempels beschränkt, so dass nur dessen Administration, nicht aber die seleukidische Verwaltung reflektiert ist.

Der Aufbau der Lemmata folgt einem einheitlichen Schema: Name, Datierung und Funktion, Angaben zum ältesten und frühesten Keilschriftzeugnis sowie eine Auflistung aller Schreibvarianten. Im prosopographischen Abschnitt finden sich nähere Angaben zum Leben, wobei M. auch die außerkeilschriftliche Überlieferung heranzieht. Aufnahme fanden auch historisch bedeutsame Personen, wie z. B. Perdikkas als Vormund der Könige oder der Usurpator Molon, die bisher nicht in babylonischen Texten nachweisbar sind. Vor allem in den Lemmata zu den Seleukidenkönigen verbergen sich für den Althistoriker interessante Details, denen im Folgenden die Aufmerksamkeit gelten soll. Die mit * bezeichneten Namen besitzen keinen Eintrag, kommen aber in anderen Lemmata vor.

Antiochus der Jüngere (127b): Seine Ernennung zum Mitregenten erfolgte zwischen August 210 und April 209 v. Chr.; weitere Informationen zu ihm, z. B. ob die Inthronisation beim Neujahrsfest des Jahres 209 erfolgt sein könnte, liegen nicht vor. Durch einen neuen Text ist nun aber bekannt, dass sein Tod in Nordmesopotamien in Babylon im März 192 v. Chr. bekannt war (AD V ´Vs.´ II´ 12´), also wohl auch in diesen Monat zu datieren ist. Diesem von M. mitgeteilten Faktum lässt sich ein Detail hinzufügen: Laut Livius war Antiochos III. über den Tod seines Sohnes so betrübt, dass er die Verhandlungen mit den römischen Gesandten im Sommer 193 v. Chr. nicht mehr selbst führen konnte (Liv. 35,15,2 ff.). Da der Thronfolger jedoch erst im Frühjahr 192 v. Chr. starb, kann der Zusammenhang zwischen dessen Tod und den abgebrochenen Verhandlungen, die dann in den Krieg führten, nicht stimmen und dürfte somit bewusstes Konstrukt sein.

Antiochos IV: Dessen siegreicher Feldzug gegen Ägypten findet nach der communis opinio, die M. teilt (124a), in AD –168 A Vs. 14 f. Erwähnung und gab Anlass für einen Festzug der Griechen Babylons. Für den mit Ägypten identifizierten Ländernamen Meluḫḫa hat D. Michaux-Colombot (Antiochus IV et Meluḫḫa, Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 87.3, 2015, 144–146) überzeugend dargelegt, dass dieser nicht Ägypten, sondern das handelspolitisch wichtige Gebiet zwischen Delta und Sinai-Halbinsel meine.

*Apame: Wegen M.s Beschränkung auf das griechische Namensgut bleibt dieser iranische Name unberücksichtigt. Der in AD –245 A Vs. 13 erscheinende Apammu ist jetzt durch die richtige Lesung des weiblichen Determinativs mit Apame, Tochter Antiochos’ II., und nicht mit einem unbekannten Sohn dieses Königs zu identifizieren (126b; 163b).

*Arrhidaios: Für den Strategen Ardaya (ar-da-a-a), der in AD –144, Vs. 36’ genannt wird (208), hat R. van der Spek (Ethnic Segregation in Hellenistic Babylon, in: W. H. van Soldt et al. [eds.], Ethnicity in Ancient Mesopotamia. Papers Read at the 48th Rencontre Assyriologique Internationale Leiden, 1–4 July 2002 [Uitgaven van het Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten te Leiden 102], Leiden 2005, 393–408; 396) mit Vorsicht als Lesung Arrhidaios vorgeschlagen. Dies ist plausibel, da unter den bekannten Satrapen und Strategen Babyloniens der Seleukidenzeit bisher keine Babylonier nachweisbar sind.

Etewanthros (142a) sollte als Etewandros gelesen werden, was Etymologie und Schreibung besser entspricht.

*Lysias: Nach BCHP 12 („Seleucus III chronicle“) besucht ein Bruder Seleukos’ III., den der Text nur als „Lu“ benennt, im April 224 v. Chr. Babylon (Rs. 11’–15’); M. schließt sich der Meinung an, dass Seleukos III. seinen Bruder Antiochos zum Strategen der Oberen Satrapien ernannt habe (123a; 164b), weswegen „Lu“ mit diesem identisch sein müsste. Die in BCHP 12 erwogene Auflösung zu Lysias würde bedeuten, dass Antiochos III. vor der Thronbesteigung diesen Namen geführt hätte; M. berührt diese Frage leider nicht.

Mimôn (151b): In einem Vertrag (Juli/August 320 v. Chr.) erscheint ein gewisser mi-mu-un, „Chef der Ärzte“; M. schlägt als Wiedergabe Mimôn vor und vermutet plausibel, dass dieser „résidait à la Cour argéade, alors établie à Babylone“. Da als Arzt aus Alexanders Umfeld nur Philippos bekannt ist, muss es hypothetisch bleiben, ob der hier Genannte bereits Teil von Alexanders Ärztestab gewesen sein könnte. Wegen der Seltenheit des Personennamens wäre zu überlegen, ob nicht eher Memnon gelesen werden sollte.

Phainis (157b) und Timokratès (172): M. bezeichnet beide als „dignitaire séleucide“; sie müssen aber aufgrund der Ausdrucksweise der Schreiber der „Astronomischen Tagebücher“ Satrapen gewesen sein. Die Zahl der bekannten Satrapen und Strategen wäre ohnehin höher, würden in den „Astronomischen Tagebüchern“ die Amtsträger konsequent mit Namen und nicht nur mit ihrem Amt bezeichnet.

Seleukos I.: Anhand der Keilschriftzeugnisse rekonstruiert M. die Kämpfe in Babylonien, die zur Etablierung der Herrschaft Seleukos’ führten (161 f.). BCHP 9 („End of Seleucus chronicle“) datiert Seleukos’ Abmarsch aus Babylon in den Krieg gegen Lysimachos in den Juni 282 v. Chr. (Vs. 3’); die eigentliche Schlacht fehlt in dem stark beschädigten Text. Zu Beginn des 31. Jahres der Seleukidenära, d. h. im Frühjahr 281 v. Chr., setzte Seleukos nach Europa über (Rs. 1’–3’), bevor er bekanntlich ermordet wurde. Problematisch ist, dass BCHP 9, Rs. 4’ noch vor dem vierten Monat des babylonischen Kalenders (etwa Juni) von Rebellion und Ermordung spricht. Da im Anschluss an diese Notiz Nachrichten aus Babylon folgen, handelt es sich vermutlich um Seleukos’ Tötung. Die Babylonische Königsliste (Vs. 8) hingegen setzt den Tod in den September 281 v. Chr. (vgl. dazu den Kommentar in BCHP 9). Die beiden Zeugnisse ergänzen sich daher kaum, wie es M. anzunehmen scheint, der zudem irrtümlich den sechsten Monat des babylonischen Kalenders mit „25 sept. – 23 oct. 281“ (163a) exakt einen Monat zu hoch ansetzt.

In die Liste der griechischen Fachbegriffe (197 f.) wäre noch die vermutliche Bezeugung der Ratsversammlung (bulē) von Babylon im Jahr 163 v. Chr. in BCHP 14,10 (van der Spek 2005, 403 f.) aufzunehmen. Für bīt tāmarti („Haus der Beobachtung“, 198), das R. van der Spek überzeugend als Calque für das griechische Theater Babylons deutete, hat P. M. Michel (Note sur le nom du théâtre de Babylone, Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 105.4, 2014, 168–169) auf lautliche Ähnlichkeit zwischen tāmartu und dem griechischen Wort hingewiesen, was die Entstehung des Ausdrucks beeinflusst haben könnte.

M.s verdienstvolle Arbeit schließt eine Lücke in der Erforschung des hellenistischen Babyloniens, da sie erstmals alle griechischen Namen der Keilschrifttexte präsentiert, die zuvor nur schwer über die Indices der Editionen auffindbar waren. In der Prosopographie wertet M. diese Texte aus und bringt sie mit der übrigen Überlieferung zusammen; dabei berücksichtigt er auch Inedita. Auf Ergänzungen der Liste hat R. Pirngruber hingewiesen (http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-24350). M.s Ausführungen zur Gesellschaft Babyloniens und den Veränderungen verdeutlichen, dass keinesfalls von einem Niedergang gesprochen werden darf, sondern, im Gegenteil, von einer „évolution culturelle“ und „une plus grande intégration de la région à la koinè culturelle du monde hellénistique“ (106). M.s Studie und den darin enthaltenen Details ist eine breite Rezeption in der Hellenismusforschung zu wünschen.

Published Online: 2018-09-09
Published in Print: 2018-09-03

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 15.5.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/klio-2018-0111/html
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