Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - FV4_3
DOI: 10.1055/s-2008-1075766

Synthese neuroaktiver Corticosteron-Metaboliten in foetalem Gewebe – eine endokrine Vorbereitung auf den Geburtsstress?

H Bühler 1, S Blum 2
  • 1Institut für Molekulare Onkologie und Diagnostik – Universitätsklinikum Marienhospital, Herne
  • 2Klinik für Neurologie – Charité, Campus Benjamin Franklin, Berlin

A-Ring reduzierte Steroide (3a-Hydroxy-5a-Pregnane) sind in der Lage, den GABAA-Rezeptor zu aktivieren. Die Folge sind sedierende und beruhigende Effekte, ähnlich denen anderer aktivierender Liganden wie Benzodiazepine und Barbiturate. In der hier vorgestellten Studie zeigen wir, dass foetales Gewebe in der Lage ist, solche neuroaktiven Steroide zu synthetisieren.

Untersucht wurde der Metabolismus von Kortikosteroiden in Organoid-Kulturen von foetalen Rattenlungen und Homogenaten foetaler Kaninchenorgane. Die Gewebe wurden mit Tritium-markiertem Kortikosteron oder 11-Dehydrokortikosteron inkubiert, die Steroide durch Festphasenextraktion isoliert und durch RP-HPLC mit Radiodetektion aufgetrennt und identifiziert.

Das Metabolitenspektrum der Organoidkulturen zeigte die Dominanz von 2 Enzymen: 11b-Hydroxysteroid-Dehydrogenase und 5a-Reduktase, deren Aktivitäten durch spezifische Inhibitoren verifiziert wurde. Als Hauptmetabolit der 5a-Reduktase wurde ein 3a,5a-reduziertes Steroid nachgewiesen, das mit Alphadolon identisch war, einem Anästhetikum mit sedativ-hypnotischen Eigenschaften.

Sowohl bei Ratten als auch in Kaninchengewebe zeigte sich, dass die Aktivität der foetalen 5a-Reduktase mit zunehmender Reife stark ansteigt, um unmittelbar nach der Geburt steil abzufallen.

Wir interpretieren diesen massiven Anstieg neuroaktiver Steroide als einen Schutzmechanismus des Foeten, um den Geburtsstress besser bewältigen zu können. Diese Hypothese wird gestützt durch Daten aus der Literatur, wo als Antwort auf länger anhaltenden Stress (bei Erwachsenen) ein Anstieg von 5a-reduzierten Pregnanen beschrieben wird.