Psychother Psychosom Med Psychol 2008; 58 - S49
DOI: 10.1055/s-2008-1061555

Posttraumatische Belastung, psychisches Befinden und Lebensqualität 2–5 Jahre nach Brustkrebserkrankung – Sind alle „psychischen Narben“ verheilt?

M Wollenschein 1, S Tagay 2, C Baisch 3, B Pesch 4, U Hamann 5, T Brüning 6, H Brauch 7, YD Ko 3
  • 1Gynäkologische Psychosomatik, Zentrum für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Bonn
  • 2Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Essen
  • 3Evangelische Kliniken Bonn gGmbH, Betriebsstätte Johanniter Krankenhaus, Bonn
  • 4Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum
  • 5Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
  • 6BGFA - Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin, Institut der Ruhr-Universität Bochum
  • 7Dr. Margarete Fischer-Bosch - Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart und Universität Tübingen, Stuttgart

Studien weisen auf eine Prävalenz von 0–22% für Posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) nach Krebserkrankung hin. Für Deutschland liegen nur wenige Untersuchungen vor. Im Rahmen der GENICA, einer epidemiologischen Studie zu den Entstehungsbedingungen des sporadischen Mamma-Ca, wurden 267 Patientinnen 2–5 Jahre nach Brustkrebs u.a. hinsichtlich ihrer aktuellen posttraumatischen Symptomatik (ETI, Tagay et al., 2007), nach ihrem psychischen Befinden (HADS) und ihrer Lebensqualität (SF–12) befragt. Zusammenhänge zwischen den benannten Faktoren wurden überprüft. 9,5% der Patientinnen wiesen aktuell eine überschwellige PTSD-Symptomatik auf, bei 29% lag eine partielle PTSD- Symptomatik vor. Bei einem Vergleich von 3 Gruppen (keine PTSD, partielle PTSD, volle PTSD) zeigten sich signifikante Unterschiede hinsichtlich Ängstlichkeit, Depressivität und psychischer Lebensqualität in der erwarteten Richtung (p≤.05 bis p≤. 001). Einziger medizinischer Risikofaktor für PTSD war jüngeres Alter bei Ersterkrankung. Die Ergebnisse zeigen, dass eine relevante Zahl von Patientinnen auch 2–5 Jahre nach Krebserkrankung ein bedeutsames Maß an PTSD-Symptomatik aufwies. Diese Gruppe zeigte die höchsten Werte in Ängstlichkeit und Depressivität, und die psychische Lebensqualität war am stärksten reduziert. PTSD-Symptomen nach Krebs sollte mehr diagnostische und therapeutische Aufmerksamkeit zukommen, aber auch der Prävention traumatisierender Erfahrungen im medizinischen Alltag.

Literatur: Tagay S., Erim Y., Stoelk B., Möllering A., Mewes R., Senf W. (2007) Das Essener Trauma-Inventar (ETI) - Ein Screeninginstrument zur Identifikation traumatischer Ereignisse und posttraumatischer Störungen. Zeitschrift für Psychotraumatologie, Psychotherapiewissenschaft, Psychologische Medizin.1: 75-89