Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - P_74
DOI: 10.1055/s-2007-983571

Detektion von Neuralrohrdefekten jenseits der fetalen Lebensfähigkeit – Die Probleme des Fetozids

D Schlembach 1, M Häusler 1, P Klaritsch 1
  • 1Medizinische Universität Graz, Universitätsfrauenklinik, Graz

Hintergrund:

Trotz immenser Fortschritte der pränatalen Diagnostik und Therapie, werden fetale Malformationen wie z.B. Neuralrohrdefekte (NTD) immer noch jenseits der 24. SSW (nach Erreichen der fetalen Lebensfähigkeit) diagnostiziert, was enorme ethische und medizinisch-legale Problem hervorruft. Bei Diagnose vor der 24. SSW wird den Eltern im Allgemeinen ein Schwangerschaftsabbruch angeboten. Nach der 24. SSW jedoch kann der Fet möglicherweise überleben, weshalb bei der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches ein Fetozid vor Geburtseinleitung empfohlen wird.

Fallbericht:

Wir berichten über das Vorgehen und die Beratung bei pränataler Diagnose eines NTD (>24. SSW) in unserer Klinik bei drei Schwangeren. In zwei Fällen zeigten sich ausgeprägte Befunde mit Beteiligung mehrerer Wirbelsäulensegmente; in einem Fall zeigte sich ein kleiner sakraler Defekt. Alle Ultraschalldiagnosen wurden durch eine fetale MRI-Untersuchung bestätigt.

Die Mitglieder einer „Ethik Task Force“ sprachen einzeln mit den Ehepaaren und danach wurden alle Fälle im Plenum besprochen. Eltern und US-Untersucher erhielten psychologische Unterstützung.

Im Falle der beiden schweren Malformationen votierte das Kommittee für die Beendigung der Schwangerschaft per Fetozid, während im Falle der kleinen sakralen Läsion die Beendigung der Schwangerschaft durch das Ethik-Kommitte nicht genehmigt wurde.

4. Schlussfolgerung:

Die Beratung von Eltern in Fällen, in denen ein Fetozid aufgrund fetaler Malformationen in Erwägung gezogen wird, stellt nach wie vor Ärzte vor eine schwierige Aufgabe. Neben den psychologischen Problemen und Ängsten der Eltern müssen auch juristische und ethische Aspekte und Bedenken (vor allem des Untersuchers) in Betracht gezogen werden. Mit ihren Ängsten setzen Eltern bewusst oder unbewusst die beratenden Ärzte unter enormen Druck. Das Konzept einer „Ethik Task Force“ sowie v.a. die psychologische Unterstützung können den Eltern helfen, diese Schwierigkeiten zu verstehen.