Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - V51
DOI: 10.1055/s-2007-982146

Telemetrie-unterstützte Insulin-Dosistitration bei Typ 2 Diabetes. Ein Betreuungsmodell für strukturschwache Regionen

J Raabe 1, H Spielhagen 1
  • 1Asklepios Klinik Birkenwerder, Diabetologie, Birkenwerder, Germany

Fragestellung: Eine forcierte Dosistitration ist eine effektive Methode, um die Ziele der Insulintherapie für Patienten mit Typ 2 Diabetes zu erreichen. Betroffene, die nicht in Ballungsgebieten leben haben oft keinen Zugang zur hierfür nötigen spezialisierten ärztlichen Betreuung. Die Untersuchung soll klären, ob mithilfe von Telemedizin eine effektive Dosistitration durchführbar ist.

Methodik: Ausgewählt wurden Patienten mit Typ 2 Diabetes und Insulinbehandlung mit abendlichem NPH-Insulin. Eine initiale Dosianpassung wurde überwiegend unter stationären Bedingungen durchgeführt. Vor Entlassung erhielten die Patienten einen Algorithmus zur Insulindosisanpassung für das NPH-Insulin, ein Selbstkontrollgerät der Firma Abbott und einen Life Data Blazer der Firma ConiuGo. Dieses Gerät überträgt auf Knopfdruck die gespeicherten Plasmaglukosewerte über ein Handy-Netz auf den Server der Diabetesklinik. Es wurde an einem festen wöchentlichen Termin per Telefon besprochen, welche Dosisänderung sich bei Anwendung des Algorithmus ergibt und ob der Patient diese Änderungen bereits korrekt durchgeführt hat. Diese Gespräche wurden ausschließlich von Assistenzärzten in diabetologischer Ausbildung durchgeführt, die kurz in das Konzept eingewiesen wurden. Zusätzlich zu den gemessenen Plasmaglukosewerten wurden Kontrollen des HbA1c zu Beginn der Behandlung und nach 2 und 4 Monaten durchgeführt. Weiter wurden Angaben der Patienten über Hypoglykämie-Symptome erfragt. Es wurde im Abstand von zwei Wochen der Mittelwert der Nüchternblutzuckerwerter berechnet. Diese Betreuung wurde bis zur letzten HbA1c-Kontrolle durchgeführt. Nur für diese Labordiagnostik stellten sich die Teilnehmer persönlich vor. Die Glukosestoffwechselparameter wurden mit einem gepaarten t-Test statistisch bewertet.

Ergebnisse: 26 Patienten wurden eingeschlossen, davon einer aus ambulanter Behandlung. Bei 2 Patienten wurde die Betreuung vorzeitig abgebrochen wegen Anstieg des HbA1c. Technische und Anwendungsprobleme traten nur zu Beginn und nur selten auf. Die Durchführung der Dosistitration war dadurch in keinem Fall gestört. Erfasst wurden insgesamt 6 sichere Unterzuckerungen mit Symptomen und bestätigendem Messwert und 7 symptomatische Episoden ohne Messwert, jedoch keine schwere Hypoglykämie. Die NPH-Insulindosis wurde im Mittel von 25 IE auf 52 IE in 10 Schritten erhöht. Insgesamt wurden 248 Dosissteigerungen und 9 -reduktionen durchgeführt. Der HbA1c sank im Mittel signifikant von initial 9,53 auf 7,87 nach 2 Monaten (p<0,0001) und weiter auf 7,36 nach 4 Monaten (2 auf 4 Monate: p=0,028). Die durchschnittlichen Nüchternplasmaglukosewerte sanken signifikant ab von 152mg/dl nach Entlassung auf 138mg/dl (p=0,048).

Zusammenfassung: Die forcierte Dosistitration lässt sich effektiv und sicher mit Telemetrieunterstützung durchführen. Diese Betreuungs-Methode bietet sich vor allem für die Versorgung von Patienten in strukturschwachen weiträumigen Regionen an.