Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P227
DOI: 10.1055/s-2007-976355

Subliminale Wahrnehmung von Bewegung

A Sprenger 1, S Lang 1, F Binkofski 1, R Verleger 1
  • 1Lübeck, Heidelberg

Wenn Affen spezifische Greif- oder Zeigebewegungen ausführen bzw. beobachten, feuern die so genannte Spiegelneuronen im prämotorischen Kortex (PMC, Area F5). Aktuelle Studien zeigen, dass diese Neuronen auch beim Menschen existieren (Rizzolatti & Craighero, 2004). Es bleibt die Frage offen, ob die Spiegelneuronen nur auf bewusst wahrgenommene Bewegungen reagieren oder auch bei unterschwellig wahrgenommenen Handlungen eine Rolle spielen.

Gesunde Versuchsteilnehmer lagen in einem 3T MRT und sahen 10° peripher kurze Videos einer Hand und mussten entscheiden, ob der Zeige- oder Ringfinger bewegt wurde. Auf die Videos folgten verschiedene Masken, so dass die Bewegungen entweder überschwellig oder unterschwellig wahrgenommen wurden. In einigen Versuchsdurchgängen war keine Bewegung vorhanden. Die Zusatzaufgabe der Probanden – finanziell belohnt – bestand darin, die gelegentliche Veränderung (Distraktor) des Fixationskreuzes zu entdecken.

Der Distraktor wurde in 86% der Versuchsdurchgänge entdeckt. Überschwellige Reize wurden häufiger wahrgenommen als subliminale (95% vs. 54%, p<0,001) oder keine Bewegung (48%, p <0,001). Versuchsdurchgänge mit subliminalen Reizen unterschieden sich nicht signifikant von denen ohne Bewegung (p>0,7), jedoch unterschieden sich die Kontraste subliminal vs. keine Bewegung vom Kontrast supraliminal vs. keine Bewegung nicht. In beiden Kontrasten waren Aktivierungen im inferioren parietalen Kortex (IPC), dem ventralen prämotorischen Kortex (vPMC) sowie in V3, V5, dem superioren temporalen Gyrus (STG) sowie dem fusiformen Gyrus (p<0,01).

V3 und V5 spielen eine zentrale Rolle bei der Bewegungsverarbeitung, der fusiforme Gyrus bei der Objektwahrnehmung. Der vPMC sowie der IPC gelten als menschliche Korrelate des Spiegelneuronen-Systems. Wir vermuten daher, dass die Spiegelneuronen auch bei der unbewussten Verarbeitung von Handlungen eine entscheidende Rolle spielen.