Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P219
DOI: 10.1055/s-2007-976347

Datengetriebene Bestimmung der Dauer postiktaler EEG-Veränderungen nach fokalen epileptischen Anfällen

J Wohlmuth 1, B Schelter 1, H Feldwisch genannt Drentrup 1, J Nawrath 1, A Brandt 1, J Timmer 1, A Schulze-Bonhage 1
  • 1Freiburg

Fragestellung: In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Verfahren zur Detektion und Prädiktion epileptischer Anfälle entwickelt, die, wenn sie erfolgreich sind, neue Behandlungsoptionen für pharmakoresistente Patienten eröffnen werden. Da manche Verfahren auf einem Vergleich der Langzeit-EEG-Datensätze mit einem interiktalen Referenzfenster beruhen, können postiktale EEG-Veränderungen Sensitivität und Spezifität beeinflussen. Zur Analyse der Dauer postiktaler EEG-Veränderungen werden in dieser Studie erste datengetriebene Methoden vorgestellt.

Methoden: Als Indikator für eine Rückkehr der Dynamik des EEGs zu normaler interiktaler Aktivität werden die Spektralverteilungen nach dem Anfall mit einer Referenzverteilung vor dem epileptischen Anfall verglichen. Es wird ein Kolmogorov-Smirnov Test auf Gleichheit zweier Verteilungen angewandt und dadurch das Ende der postiktalen Aktivität bestimmt. Zur Untersuchung werden kontinuierliche intrakranielle EEG-Registrierungen von 4 Patienten mit fokalen Epilepsien mit insgesamt 30 Anfällen aus dem wachen Zustand verwendet.

Ergebnisse: Die iktalen und postiktalen Spektralverteilungen des EEGs können deutlich von der interiktalen Spektralverteilung unterschieden werden. Allerdings müssen die Untersuchungen auf ausgewählte Frequenzbereiche eingeschränkt werden, da sonst auch Unterschiede verschiedener interiktaler Muster detektiert werden und somit kein Ende der postiktalen Aktivität gefunden werden kann. In 60% der untersuchten Anfälle kann mittels ausgewählter Elektroden eine postiktale Veränderung des EEG-Signals bestimmt werden, deren Dauer zwischen 2 und 10min schwankt. Nur bei einigen Elektroden kann der Zeitpunkt der Rückkehr zu einer normalen Aktivität im EEG bestimmt werden. In den Arealen außerhalb des epileptischen Fokus wird systematisch eine längere Aktivität gefunden.

Schlussfolgerung: Eine datengetriebene Bestimmung der Länge der postiktalen Phase spielt für eine spätere klinische Anwendung von Detektion und Prädiktion eine wichtige Rolle. Hier werden erste Konzepte zur Realisierung dieser Bestimmung vorgestellt und anhand eines Patientenkollektivs untersucht. Die starke Variabilität der interiktalen Spektralverteilungen verhindert in einigen Fällen die Bestimmung der postiktalen Phase. Für eine zukünftige robuste Methode zur automatischen Bestimmung der Länge der postiktalen Veränderungen im EEG muss dies als ein zentraler Aspekt berücksichtigt werden.