Pneumologie 2007; 61 - P233
DOI: 10.1055/s-2007-973345

Diagnostischer Fallstrick, ungenügende Anamnese bzw. Befundinterpretation oder doch nur eine schier einfache Diagnose – Rätselfreunde gesucht!

J Lemke 1, B Wollschläger 1, S Markau 2, C Röder 1, I Bork 1, B Osten 2
  • 1 Universitätsklinikum der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II
  • 2Universitätsklinikum der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Abteilung Nephrologie/Station KIM 3, Halle (Saale)

Die sorgsam erhobene Anamnese und die nicht nur flüchtig durchgeführte klinische Untersuchung sind der Schlüssel einer guten und letztendlich auch erfolgreichen Medizin.

Ungeachtet dieser auch heute noch gültigen Grundweisheit stellen sich manche Erkrankungen anfänglich eindeutig und vielleicht sogar als Blickdiagnose dar, zeigen aber im Verlauf erstaunliche sowie immer wieder lehrreiche Erkenntnisse auf.

Am Beispiel einer ophthalmologischen Blickdiagnose – und hier im wörtlichen Sinne – möchten wir Sie auf eine Reise der Diagnostik und Interpretationen mitnehmen, bei denen erste diagnostische und differentialdiagnostische Erwägungen nicht unbedingt unumstößlich sind. Auch der Wert apparativer Untersuchungen ist bisweilen oder gerade deswegen immer nur in Bezug zur Klinik verwertbar.

Nun aber unser Fall und die Frage an Sie:

Teigige lachsfarbene Bindehautschwellung, primär ophthalmologische Erstbetreuung mit Verdacht auf Bindehautlymphom und eine dahingehende Diagnostik.

Ist der angegebene Zeckenbiss nur ein zufälliges metasynchrones Ereignis?

Deutliche laborchemische Entzündungswerte und ein röntgenologisches Infiltrat im rechten Lungenoberlappen bei sonst unauffälligen Laborparametern, ergänzt durch Nachtschweiß, sind gut in Einklang mit der Immundefizienz bei vermutetem Lymphom zu bringen. Auch im Thorax-CT beschriebene pulmonale Hodgkin-Lymphominfiltrate sind ein hilfreicher Baustein, oder?

Hämoptysen, D-Dimere und ein Befund der Lungenperfusions- und Ventilationsszintigraphie mit multiplen, möglicherweise kleinen, segmentalen Lungenembolien kommen hinzu.

Weitere Befunde ergeben sich aus der Bronchoskopie mit grenzwertiger Lymphozytose, erhöhtem Neutrophilen- und vor allem Eosinophilenanteil mit einer CD4/CD8-Ratio von 5,8! Entzündliche Infiltration zeigen sich im Orbita-MRT. Der Interleukin-2-Rezeptor ist mehr als doppelt erhöht. Staphyloccocus aureus als Ergebnis aus der mikrobiologischen Diagnostik. Neopterin ist erhöht. IgE von 865 kU/l.

Alles klar? Was meinen Sie?