Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1992; 27(8): 461-468
DOI: 10.1055/s-2007-1000339
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Erythropoietin - Physiologie und therapeutische Einsatzmöglichkeiten

Erythropoietin - Physiology and Possible Therapeutic UsesM. Möllmann
  • Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. P. Lawin, FCCM)
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Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Erythropoietin (EPO) ist der wichtigste Stimulus der Erythropoese. Seine Wirkung besteht in der Stimulierung von Proliferation und Differenzierung der erythroiden Vorläuferzellen im Knochenmark. Anämie in Folge einer Blutung oder einer Unterfunktion des Knochenmarks ist der stärkste Stimulus der EPO-Bildung, mit einem exponentiellen Zusammenhang zwischen erniedrigtem Hämoglobingehalt und erhöhten Serum-EPO-Spiegeln. Veränderungen des arteriellen Sauerstoffgehalts bei erniedrigtem inspiratorischem Sauerstoffanteil, bei respiratorischer Dysfunktion, bei Aufenthalt in großer Höhe sowie bei Herzerkrankungen mit Rechts-Links-Shunt stellen ebenfalls einen bedeutenden Trigger für die renale EPO-Produktion dar. Die Konsequenz ist ein Anstieg des EPO-Serumspiegels mit folgender Erythrozytenvermehrung. Mit der Isolierung geringer Mengen humanen Erythropoietins aus großen Volumina menschlichen Urins von Patienten mit aplastischer Anämie ließen sich Bruchstücke der Aminosäuresequenz des EPO ableiten. Ausgehend von dieser Aminosäuresequenz wurde mit Hilfe von synthetischen Oligonukleotiden das EPO-Gen kloniert und die gentechnologische Herstellung des Hormons möglich. Wichtigste Indikation für den Einsatz des nun verfügbaren rekombinanten Erythropoietins stellt die Behandlung der renalen Anämie dar. Hauptursache der renalen Anämie ist die inadäquate Bildung von Erythropoietin, die mit dem rekombinanten EPO (rHu-EPO) kausal therapiert werden kann. Ob auch andere Anämieformen ohne EPO-Mangel mit rHu-EPO behandelbar sind, ist Gegenstand klinischer Studien. Einige positive Ergebnisse bei der Behandlung der Anämie nach autologen Blutspenden liegen vor. Hierbei zeigte sich für die mit rHu-EPO behandelten Patienten entweder ein größeres Spendevolumen oder ein besserer präoperativer Ausgangswert. Nebenwirkungen wie Hypertonie, Thrombosebildung und subjektive Beschwerden sind selten und stehen in aller Regel im Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Erkrankung.

Summary

Erythropoietin (EPO) ist the main regulatory hormone for the control of erythropoiesis. EPO leads to enhanced mitosis and differentiation of erythroid precursors in the bone marrow. The major stimulus for EPO-formation ist anaemia of various origin, resulting in an exponential relation between EPO levels and a decrease in haematocrit. Another important stimulus for increased EPO production is a fall of the arterial oxygen tension caused by either cardiopulmonary disorders or by a decrease of the oxygen tension in the inspiratory gas. Human erythropoietin was first isolated and purified from a large amount of urine of patients with aplastic anaemia. After the EPO gene had been cloned and expressed, biotechnically produced recombinant human erythropoietin (rHu-EPO) became available for clinical trials. EPO deficiency appears to be the major cause of renal anaemia, and hence the treatment of these patients is the most important indication for clinical use. Encouraging results in patients whose anaemia is not of renal origin have also been reported, using treatment with rHu-EPO. In preoperative autologous blood donation programmes prior to elective surgery, rHu-EPO therapy improved the amount of donated blood and ameliorated the decrease of haematocrit values. Side effects such as hypertension, thrombosis, hypercalaemia, elevated liver enzymes were rare and were mostly related to the underlying disease.

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