Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210 - V59
DOI: 10.1055/s-2006-946075

17-Beta Östrogen schütz das unreife Gehirn der Ratte vor Sauerstoff induziertem Zelltod

M Dzietko 1, M Sifringer 2, V Boos 1, K Genz 1, S Simmons 1, B Gerstner 3, C Bührer 4, H Ikonomidou 2, M Obladen 1, U Felderhoff-Mueser 1
  • 1Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, D
  • 2Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden, D
  • 3Children's Hospital, Boston, USA
  • 4Universitäts-Kinderspital beider Basel, Basel, CH

Der physiologische Zelltod findet als ein normales Phänomen im sich entwickelnden Gehirn statt. Dabei werden überflüssige Zellen durch Apoptose aktiv eliminiert. Sauerstoff ist im Tiermodell in der Lage, diesen physiologischen Zelltod zu stören und induziert eine Neurodegeneration pathologischen Ausmaßes im Gehirn der infantilen Ratte. Gleichzeitig konnten klinische Studien Hyperoxie als einen Risikofaktor für die infantile Zerebralparese ausmachen. Die Toxizität von Sauerstoff ist dabei mit der Inaktivierung intrazellulärer Signalwege, die Überleben fördern, assoziiert. In diesem Tiermodell der neonatalen Hirnschädigung wurde 17-Beta Östrogen auf seine potentielle neuroprotektive Wirkung untersucht. 6 Tage alte Han Wistar Ratten wurden entweder alleine einer 80% Sauerstoffumgebung ausgesetzt oder mit Beginn der Exposition wurde zusätzlich eine Injektion 17-Beta Östrogen (600µg/kg i.p.) appliziert. Die Tiere wurden zu definierten Zeitpunkten getötet und entweder histologisch untersucht um degenerierte Zellen darzustellen, oder in Stickstoff tiefgefroren um molekulargenetische Untersuchung durchzuführen. 17-Beta Östrogen zeigte dabei eine signifikante Protektion gegenüber Sauerstoff induziertem Zelltod. Um weitere mögliche molekulare Mechanismen zu untersuchen, analysierten wir den Todesrezeptor Fas und seinen Liganden mittels PCR. Nach 12 und 24 Stunden Hyperoxie kam es zu einer vermehrten Expression der proapoptotischen Fas und Fas-Ligand mRNA. Eine zusätzliche Injektion von 17-Beta Östrogen konnte diese wieder reduzieren. Western-Blot Analysen zweier intrazellulärer Signalwege (MAPK, PI3-Kinase), die das Überleben von Nervenzellen fördern, konnten zeigen, dass eine 17-Beta Östrogenapplikation zu einer vermehrten Phosphorylierung der beiden Proteinkinasen AKT und ERK1/2 führt. Die verminderte Expression des Fas-Systems und die Aktivierung der antiapoptotischen Kaskaden mit AKT und ERK1/2 könnten wichtige Mechanismen darstellen, die zu vermehrtem Überleben von Nervenzellen führen. Die hier beobachtete neuroprotektive Wirkung gibt den Anlass zur Vermutung, dass eine adjuvante Therapie mit 17-Beta Östrogen bei Frühgeborenen von Nutzen sein könnte, denn neurologische Defizite lassen sich bei extremen Frühgeborenen häufig nachweisen. Da Frühgeborene insbesondere eine vorzeitig Deprivation vom maternalen Östrogen erfahren, könnte eine Östrogenapplikation helfen um vor neurotoxischen Substanzen wie Sauerstoff zu schützen.