Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2005; 40 - P1
DOI: 10.1055/s-2005-861727

Halothan und Succinylcholin sind keine vergleichbaren Trigger einer malignen Hyperthermie

F Schuster 1, M Anetseder 1, H Schöll 1, R Müller 1, N Roewer 1
  • 1Universitätsklinik Würzburg, Würzburg

Halothan und Succinylcholin (SCh) gelten als klassische Trigger einer malignen Hyperthermie (MH). Unklar ist, ob für den Triggereffekt von SCh eine Interaktion mit der motorischen Endplatte oder eine direkte intrazelluläre Modulation ursächlich ist [1,2]. Wir nahmen an, dass Halothan, aber nicht SCh nach intramuskulärer Injektion bei MH-positiven (MHS) Schweinen zu einer lokalen hypermetabolen Reaktion führt.

Methodik: Mit Tierschutzgenehmigung wurden je 6 MHS- und MHN-Pietrain Schweine (28–35kg) anästhesiert und nach endotrachealer Intubation ventiliert.

Die Vitalfunktionen wurden kontinuierlich überwacht (EKG, ABP, SpO2, etCO2, Temp.). Mikrodialysesonden (MDS) wurden im M. sartorius, im M. gracilis sowie eine Kontrollsonde im M. pectineus platziert und mit Ringerlösung (1µl min-1) perfundiert. Nach 30min Äquilibrierung wurde ein Bolus von 10mg SCh bzw. 100µl Halothan 5 Vol%, gelöst in Sojabohnenöl, an die Spitze je einer MDS mittels Katheter appliziert. Laktat wurde im Dialysat spektrometrisch gemessen. Daten als Median und Quartilenspanne. Friedman- und Wilcoxon-Test für Unterschiede zwischen den SCh-, Halothan- und Kontrollmessreihen mit p<0,05.

Ergebnisse: Die mittels MDS gemessenen intramuskulären Laktatwerte zwischen den Messgruppen unterschieden sich vor Medikamentengabe nicht. Bei MHS-Tieren führte die intramuskuläre Halothan- bzw. SCh-Injektion zu einem Laktatanstieg auf 5,3 [5,1–10,5] mM bzw. 2,1 [2,0–2,6] mM gegenüber der Kontrollmessung mit 2,9 [2,3–3,0] mM. In der MHN-Gruppe erhöhte weder Halothan (1,5 [1,4–2,7] mM) noch SCh (1,8 [1,5–2,0] mM) die lokale Laktatkonzentration im Vergleich zur Kontrollmessung (2,0 [1,8–2,3] mM). Die Vitalparameter unterschieden sich nicht.

Schlussfolgerung: Während MH-veranlagte Schweine nach intramuskulärer Halothan- und Koffein-Injektion mit einem lokalen Hypermetabolismus reagieren [3], fehlt diese Reaktion für SCh. Die vorliegende Untersuchung weist erstmals nach, dass die MH-Triggerpotenz von SCh nicht über einen direkten Effekt an der Muskelzelle vermittelt wird. Viel wahrscheinlicher beruht der MH-Triggermechanismus von SCh auf einer Endplatten-vermittelten Depolarisation und der damit verbundenen sarkoplasmatischen Kalziumfreisetzung am Ryanodin-Rezeptor.

Lit.: [1] Sigg et al. Anesthesiology (2000) 92:1777–1788. [2] Iaizzo et. al. Anesth Analg (1994) 79: 143–151. [3] Anetseder et al. Anesthesiology (2000): A1003