Klin Monbl Augenheilkd 2004; 221 - P79
DOI: 10.1055/s-2004-835520

Langsam wachsendes Tentoriummeningeom. Ein Fallbericht

S Kunze 1, HB Kurumer 2, M Hügens-Penzel 3, M Gräf 2
  • 1Augenklinik der Philipps-Universität Marburg
  • 2Zentrum für Augenheilkunde, Justus-Liebig-Universität Gießen
  • 3Abteilung für Neuroradiologie, Justus-Liebig-Universität Gießen

Wir berichten über eine 46-jährige Patientin, die sich wegen einer seit einem Jahr vorhandenen Schwindelsymptomatik mit später hinzugetretenen Gleichgewichtsstörungen vorstellte. Eine dekompensierte Esodeviation war mit Primen behandelt worden. Es wurden folgende Untersuchungen durchgeführt: Refraktometrie, Visusbestimmung, Perimetrie, einseitiger und wechselseitiger Prismenabdecktest, direkte und binokulare Ophthalmoskopie, CCT mit Kontrastmittel und Angiographie. Be einer Myopie von RA –1,0 und LA –2,75 dpt betrug der Visus BDS 1,0. Die Gesichtsfelder waren regelrecht. Es bestand eine in alle Blickrichtungen konkomitante Esotropie von 12° bei Fern- und 14° bei Nahfixation. Nach Kommandobewegungen und Sakkaden war die Bulbusmotilität beidseits frei. Bei der Prüfung der langsamen Folgebewegungen fiel eine Blickhalteschwäche nach rechts auf (Blickrichtungsnystagmus). Mit Prismenausgleich des Schielwinkels bestand normale Stereopsis. Die vorderen Augenabschnitte und die Pupillomotorik waren regelrecht. Am RA fiel, deutlicher als am LA, eine geringe Papillenrandunschärfe mit einer Prominenz von 1 dpt nasal am RA auf. Im CCT stellte sich eine vermutlich vom rechten Kleinhirnbrückenwinkel ausgehende Raumforderung von 5cm Durchmesser dar, die sich über das rechte Felsenbein erstreckte. Das Ventrikelsystem war deutlich verplumpt, der 3. Ventrikel war balloniert. Nach einer Angiographie wurde der Tumor über eine subokzipitale Kraniotomie reseziert. Eine Woche nach der Operation war die Patientin beschwerdefrei. Sie hatte noch eine Nahesophorie von 4° und die Blickhalteschwäche nach rechts. Eine durch eine intrakranielle Raumforderung verursachter Strabismus ist nicht zwangsläufig inkomitant. Störungen der Okulomotorik durch langsam wachsende intrakranielle Tumoren können eine harmlose Esophorie vortäuschen. Bei der okulären Motilitätsprüfung ist unter anderem auf die Blickhaltefunktion zu achten.