Klin Monbl Augenheilkd 2004; 221 - R1
DOI: 10.1055/s-2004-828711

Der Effekt der Faden-Operation unter Berücksichtigung der Pulley

H Mühlendyck 1
  • 1Universitäts-Augenklinik Göttingen

Hintergrund: Von Cüppers (1972) wurde die Faden-Operation unter der Vorstellung entwickelt, einen paretischen Effekt über die gezielte (berechenbare) Veränderung der Abrollstrecke zu erreichen. Von Clark et al. (1999) wurde dies überprüft. Diese Autoren sind danach jedoch der Ansicht, dass der paretische Effekt der Faden-Operation nicht durch die Abrollstrecke sondern hauptsächlich über die „Pulley“ zustande kommt (hierbei ausgeprägte Einschränkung der passiven Beweglichkeit!).

Der paretische Effekt einer Fadenoperation, bei der nur die Abrollstrecke verändert wird, lässt sich am besten an dem Beispiel einer Gegenparese überprüfen. Hierzu erscheint uns die Anwendung der Faden-Operation z.B. bei Patienten mit einer N.-VI-Parese besonders geeignet zu sein.

Methode: Es wurde bei Patienten mit einseitiger N.-VI-Parese bzw. -Paralyse nach kombinierter OP am paretischen Auge, am nicht paretischen Auge der in PP gefundene minimale Winkel (Rest-) durch eine Rücklagerung des M. rectus internus und die im Aktionsgebiet des paretischen Muskels zunehmende Abweichung durch eine Faden-Operation bei 13–14mm unter Durchtrennung der Pulley korrigiert. (Hiernach k(l)eine Einschränkung der passiven Beweglichkeit!).

Ergebnis: Nach diesem Eingriff entsprach am 3. postoperativen Tag der erzeugte paretische Effekt dem errechneten, der nur aufgrund der veränderten Abrollstrecke entstanden sein sollte. Die erzeugte Parese nahm jedoch nach einem halben Jahr etwas ab. Es ließ sich somit eine präoperativ bei 30° Blickbewegung zunehmende Esotropie von etwa 10° durch die Faden-OP dauerhaft korrigieren. Damit konnte bei Patienten mit einer N.-VI-Parese mithilfe dieses Eingriffs ein konkomitierender Bewegungsablauf geschaffen werden. Bei Patienten mit einer Paralyse reichte der paretische Effekt im seitlichen Blickfeldbereich allerdings nicht aus, was aber auch nicht erwünscht war, da dies eine Blickparese bedeutet hätte.

Schlussfolgerung: Über eine Veränderung der Abrollstrecke wird mit der Faden-Operation ein definierbarer paretischer Effekt geschaffen, der dauerhaft etwas unter dem des berechneten Wertes liegt. Werden die „Pulley“ mit einbezogen, kann der paretische Effekt deutlich verstärkt werden. Hierbei kommt es jedoch zu einer ausgeprägten Einschränkung der passiven Beweglichkeit (Clark et al. (1999)). Der über diese beiden Methoden jeweils erzeugte paretische Effekt basiert somit auf zwei verschiedene Mechanismen!