Z Geburtshilfe Neonatol 2003; 207 - FV_07_01
DOI: 10.1055/s-2003-818107

Stellt die Familienanamnese kardiovaskulärer Erkrankungen einen prädisponierenden Faktor für die Entstehung hypertensiver Schwangerschaftskomplikationen dar?

PM Neumaier-Wagner 1, B Leeners 1, S Kuse 2, P Jansen 1, W Rath 1
  • 1Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum RWTH Aachen
  • 2Arbeitsgemeinschaft Gestosefrauen e.V.

Fragestellung: Im Zentrum der Pathogenese der hypertensiven Schwangerschafts-erkrankungen [HES[, steht die endotheliale Dysfunktion. Da HES in über 80% in der ersten ausgetragenen Schwangerschaft [SS[ auftreten, kommt der frühzeitigen Ermittlung entsprechender Risikofaktoren eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der Tatsache, dass eine genetische Komponente der Erkrankung durch zahlreiche epidemiologische Studien bereits nachgewiesen werden konnte, hatte die vorliegende Studie zum Ziel, zu überprüfen, ob elterliche [e[ kardiovaskuläre Erkrankungen einen Risikofaktor für die Entstehung der HES bei deren Töchtern darstellen.

Methodik: Die Patientinnen [Pat[ mit HES wurden retrospektiv anhand der Krankenunterlagen in folgende Diagnosekategorien unterteilt: SS-induzierter Hypertonus [SIH[ (n=224), Präeklampsie [PE[ (n=254) und HELLP-Syndrom [HELLP[ (n=420). Das Kontrollkollektiv umfasste n=973 normotensive Frauen [K[, die jeweils unkomplizierte SS ausgetragen hatten. Alle Studienteilnehmerinnen wurden anhand eines standardisierten Fragebogens hinsichtlich in der Familienanamese aufgetretener kardiovaskulärer Erkrankungen [Apoplex; Herzinfarkt [MI[; Hypertonus; Dyslipidämie; Diabetes mellitus[ befragt.

Ergebnisse: Während sich signifikante Unterschiede bezüglich des Auftritts eines e Apoplexes zwischen den HELLP-Pat [Vater [V[ (6,19%) + Mutter [M[ (4,05%)[ im Vergleich zu den K [V (4,52%) + M (1,44%)[ ergaben (p=0,0071), zeigten sich diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede in der PE- bzw. SIH-G [G[. Ein e MI trat nur signifikant häufiger in der SIH-G [V (15,63%) + M (3,57%)[ im Vergleich zu der K-G [V (10,38%) + M (2,16%); p=0,0137[ bzw. der HELLP-G [V (10,71%) + M (2,14%); p=0,0444[ auf. Bei der Betrachtung eines e Hypertonus zeigten alle HES-G [HELLP: V (25,48%) + M (21,9%); PE: [V (31,1%) + M (20,08%); SIH: [V (33,04%) + M (29,91%)[ jeweils eine signifikant höhere Rate (jeweils p<0,0001) gegenüber der K-G [V (15,11%) + M (11,51%)[. Der Vergleich zwischen HELLP vs. K ergab ebenfalls einen signifikanten Unterschied (p<0,0001) Elterliche Dyslipidämien traten nur signifikant häufiger in der PE- [V (16,54%) + M (9,06%), p=0,0031[ bzw. SIH- [V (16,07%) + M (12,05%), p<0,0001[, nicht jedoch in der HELLP- [V (14,29%) + M (7,14%)[ im Vergleich zur K-G [V (11,82%) + M (5,14%)[ auf. Ebenfalls trat in der PE- [V (10,24%) + M (7,09%)[ bzw. SIH-G [V (13,39%) + M (3,57%)[ signifikant häufiger ein e Diabetes mellitus im Vergleich zur K- [V (6,47%) + M (4,42%), p=0,0078 / p=0,0186[ bzw. HELLP-G [V (4,76%) + M (5,48%), p=0,0117 / 0,00214[ auf.

Schlussfolgerung: Eltern von HES-Pat leiden signifikant häufiger an Erkrankungen des kardiovaskulären Formenkreises, wobei eine gezielte Erhebung dieser e Erkrankungen dazu beiträgt, die Prädisposition zu den verschiedenen HES-Formen näher einzugrenzen.