Zentralbl Chir 2023; 148(S 01): S73
DOI: 10.1055/s-0043-1771058
Abstracts
Struktur und Prozesse in der Thoraxchirurgie

Impact der Covid-19-Eindämmungsmassnahmen auf die chirurgische Versorgung von Lungenkrebs-Patienten: Erfahrungen einer Klinik der Maximalversorgung

T Winkler
1   Universitätsmedizin Magdeburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
B Fakundiny
1   Universitätsmedizin Magdeburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
A Popov
1   Universitätsmedizin Magdeburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
H Busk
1   Universitätsmedizin Magdeburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
R Oerter
1   Universitätsmedizin Magdeburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Magdeburg, Deutschland
,
T Walles
1   Universitätsmedizin Magdeburg, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Magdeburg, Deutschland
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Hintergrund Die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie führten bundesweit in den Jahren 2020-2021 zu einer Limitation von Intensiv- und OP-Kapazitäten. Infolge dessen mussten viele planbare Operationen verschoben werden. Für Patienten mit Krebserkrankungen ergab sich hieraus das Risiko, dass die Tumorerkrankung wegen der verschobenen Operation fortschreitet und dann nicht mehr operabel wäre. Dieses Risiko war insbesondere hoch für das im Vergleich zu anderen Tumorerkrankungen schnell voranschreitende nicht-kleinzellige Lungenkarzinom. An vielen Klinikstandorten wurde versucht, dieses Risiko durch Priorisierung der krebsbedingten Operationen zu minimieren.

Material und Methode Retrospektive, monozentrische Kohortenanalyse an einem Zentrum der Maximalversorgung mit einem thoraxchirurgischen Versorgungsauftrag. Ausgewertet wurden die Daten aller Patienten, die im Zeitraum von 2017 bis 2021 wegen eines Lungenkarzinoms operiert wurden. Analysiert wurden die Anzahl der durchgeführten Operationen und die Erkrankungsstadien der operierten Patienten. Für die Ermittlung eines möglichen Verzögerungseffektes wurde der unmittelbar prä-pandemische Behandlungszeitraum 2017-2019 (PRÄ) mit der Pandemiephase 2020-2021 (PAN) verglichen.

Ergebnis Im gesamten Beobachtungszeitraum 2017- 2021 wurden insgesamt 1.262 Thorax-Operationen durchgeführt. In diesem Zeitraum nahm die jährliche Zahl der Thorax-Eingriffe kontinuierlich zu (2017 n=170, 2018 n=240, 2019 n=262, 2020 n=301, 2021 n=289). Durchschnittlich 16,35% der Eingriffe entfielen in beiden Kohorten auf Lungenkrebs Operationen (17,2%PRÄ, 15,1%PAN). Die Stadienverteilung der operierten Patienten zeigte eine Zunahme der Frühstadien in den Pandemiephase (PRÄ vs PAN): Stadium I 47,73% vs 42,72% (p<0.01), Stadium Il 12,86% vs 23,5% (p<0.01), Stadium III 33,11% vs 22,91% (p=0.86), Stadium IV 6,29% vs 10,89% (p<0.01). Der perioperative Verlauf (Intensiv- und Krankenhaus-Aufenthaltsdauer) veränderte sich in beiden Kohorten nicht.

Schlussfolgerung Die COVID-19 Pandemie und die ergriffenen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben die deutschen Kliniken vor enorme Herausforderungen gestellt. Durch Priorisierung von Operationen bei Patienten mit Krebserkrankungen konnte der befürchtete Stadien-Shift mit Verschlechterung der Erkrankungsprognose bei Patienten mit einem Lungenkrebs verhindert werden. Im Hinblick auf mögliche künftig erforderliche erneute Eindämmungsmaßnahmen ist die Priorisierung somit ein taugliches volks-gesundheitliches Instrument.



Publication History

Article published online:
21 August 2023

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