Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(02): 215
DOI: 10.1055/s-0039-3402973
Kurzvorträge 2: Seelische Gesundheit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Risiko- und Schutzfaktoren postpartaler traumatischer Belastungssymptome bei Frauen mit und ohne (drohende) Frühgeburt

S Sommerlad
1   Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt am Main
,
K Schermelleh-Engel
2   Institut für Psychologie, Goethe-Universität Frankfurt
,
M Bieber
1   Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt am Main
,
F Louwen
1   Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt am Main
,
S Oddo-Sommerfeld
1   Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt am Main
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 February 2020 (online)

 

Einleitung: Eine (drohende) Frühgeburt ist ein Risikofaktor für postpartale traumatische Belastungssymptome (PTB). Weitere Risikofaktoren sind Angst, Depressivität, Kontrollverlust und eine erhöhte Schmerzintensität. Als protektiv gelten eine gute Unterstützung durch das medizinische Personal und ein positives Geburtserleben. Ziel dieser Studie ist die Entwicklung eines Erklärungsmodells der PTB bei Frauen mit und ohne (drohende) Frühgeburt.

Methoden: 95 Frauen der Risikogruppe mit Frühgeburt (RG-FG), 99 Frauen der Risikogruppe mit zeitgerechter Geburt (RG-ZG) und 90 Frauen der Kontrollgruppe (KG) wurden präpartal und sechs Wochen postpartal untersucht. PTB und Angst wurden mittels Fragebögen erfasst, Schmerzintensität und Unterstützung durch das medizinische Personal auf einer 11-stufigen Ratingskala. Die Kontrollmöglichkeit wurde anhand des Entbindungsmodus in hohe vs. niedrige Kontrolle untergliedert. Zur Untersuchung direkter und indirekter Effekte wurde ein Mehrgruppen-Pfadmodell analysiert.

Ergebnisse: Für das Pfadmodell zeigt sich ein guter Modellfit. In allen Gruppen verstärkt Angst PTB, während ein positives Geburtserleben protektiv wirkt. Kontrollmöglichkeit hat in keiner Gruppe einen direkten Effekt auf PTB, wirkt jedoch indirekt über das Geburtserleben als Schutzfaktor. Nur in der KG verstärkt die Schmerzintensität PTB, während sich die Unterstützung durch das medizinische Personal protektiv auswirkt.

Schlussfolgerungen: Angst ist in allen Gruppen ein wichtiger Risikofaktor für PTB und sollte daher frühzeitig psychologisch mitbehandelt werden. Eine gute Schmerzkontrolle und Unterstützung durch das medizinische Personal sind v. a. in der KG als Schutzfaktoren von großer Relevanz. Die Ergebnisse betonen die Wichtigkeit eines positiven Geburtserlebens als protektiven Faktor für das psychologische Geburtsoutcome.