Gesundheitswesen 2018; 80(04): 402-403
DOI: 10.1055/s-0038-1639256
POSTERPRÄSENTATION
Infektionsschutz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tuberkulose in Niedersachsen 2001 – 2017

M Scharlach
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Abteilung 2 Arbeitsbereich Infektionsepidemiologie, Hannover, Germany
,
R Bartels
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Abteilung 2 Arbeitsbereich Infektionsepidemiologie, Hannover, Germany
,
D Ziehm
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Abteilung 2 Arbeitsbereich Infektionsepidemiologie, Hannover, Germany
,
K Brakensiek
2   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Abteilung 2 Arbeitsbereich Bakteriologie, Hannover, Germany
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Publication History

Publication Date:
11 April 2018 (online)

 

In Niedersachsen, wie auch in ganz Deutschland, liegt in den letzten Jahren wieder eine verstärkte Aufmerksamkeit auf der Entwicklung der gemeldeten Neuerkrankungen an Tuberkulose (TB). Bedingt durch die aktuellen Migrationsbewegungen und der damit verbundenen Einreise von Personen aus Hochinzidenzländern nach Deutschland ist die TB-Inzidenz angestiegen. Im Fokus steht auch die Entwicklung des Anteils (multi)resistenter TB-Fälle.

TB-Meldefälle werden gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) von den Gesundheitsämtern täglich elektronisch an das NLGA übermittelt und im Datenbanksystem SurvNet@RKI verwaltet. Die TB-Situation wird 2001 – 2015 primär in 5-Jahreszeitabschnitten und 2016 sowie 2017 in Einzeljahren beschrieben.

Bis zum Jahr 2010 ging die Anzahl der gemeldeten TB-Neuerkrankungen in Niedersachsen und deutschlandweit kontinuierlich zurück. Seit 2011 konnte jedoch ein deutlicher Anstieg der TB-Inzidenz auf 5,3 Neuerkrankungen/100.000 Einwohner im Jahr 2015 beobachtet werden. Seitdem sank die Inzidenz auf 4,5 (Quartale I-II 2017). Der größte Anteil der TB-Meldefälle war über 70 Jahre alt. Insbesondere 2011 – 2015 stieg der Anteil der 20- bis 29-jährigen unter den TB-Meldefällen deutlich an. In den Jahren 2011 – 2015 erreichte der Anteil der in Deutschland geborenen Fälle, mit 43,9% seinen bisherigen Tiefststand. Bis 2010 waren die meisten TB-Meldefälle mit einem Geburtsland außerhalb Deutschlands in der ehemaligen UdSSR geboren (2001 – 2005 13,8%; 2006 – 2010 11,8%). In den Jahren 2011 – 2015 waren dagegen Länder Afrikas die häufigsten Geburtsländer (14,2%; v.a. Somalia, Sudan, Eritrea). Auf dem zweiten und dritten Rang folgten 2010 bis 2015 Europa ohne die ehemalige UdSSR (11,5%; v.a. Rumänien, Polen) und Asien (10,3%; v.a. Indien, Afghanistan).

Der Anteil der TB-Meldefälle mit einer jeglichen Resistenz ist leicht gesunken (2001 – 2005 14,7%; 2006 – 2010 14,2%; 2011 – 2015 11,5%). Auch der Anteil der multiresistenten TB-Meldefälle sank im Laufe der Jahre von 3,6% (2001 – 2005) auf 2,2% (2006 – 2010 bzw. 2011 – 2015). Die am häufigsten von einer (multi)resistenten TB Betroffenen stammten aus Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR.

Der starke Anstieg und leichte Rückgang der gemeldeten TB-Neuerkrankungen der letzten Jahre, die Veränderung der hauptbetroffenen Altersgruppe, sowie der Geburtsländer ist auf die gegenwärtigen Migrationsbewegungen zurückzuführen. Viele dieser Fälle wurden im Rahmen der bei Aufnahme in Gemeinschaftsunterkünfte nach §36 IfSG in Verbindung mit §62 Asylgesetz durchgeführten Aufnahmeuntersuchung entdeckt. Aber auch noch mehrere Jahre nach der Ankunft können sich durch Reaktivierung behandlungsbedürftige und ansteckungsfähige TB-Erkrankungen entwickeln. Ein guter Zugang der Geflüchteten zur medizinischen Versorgung und eine hohe Wachsamkeit der behandelnden Ärzte sind daher von großer Bedeutung, um nachhaltig einem Anstieg von TB-Erkrankungen und einer Zunahme (multi)resistenter TB in Deutschland entgegen zu wirken.