Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - FV068
DOI: 10.1055/s-0036-1593304

Ist die vaginale Geburt aus BEL bei Kindern > 3800gr kontraindiziert?

I Voigt 1, F Louwen 2
  • 1Universitätsklinikum, Geburtshilfe, Frankfurt am Main, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum, Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland

Ziel: Die abgelaufene S1-Leitlinie der DGGG empfahl bei einem sonographischen Schätzgewicht von ≥3800 g eine primäre Sectio ohne nachweisbare Evidenz. Wir prüfen die Hypothese ob ein Kindsgewicht ≥3800 g zu einer höheren peripartalen, neonatalen, sowie maternalen Morbidität nach vaginalem Entbindungsversuch führt.

Methodik: Es handelt sich um eine retrospektive, monozentrische Datenanalyse von Patientinnen mit Einlingsgravidität in BEL ≥37+0 SSW, die im Zeitraum vom 01.01.20004 bis zum 31.12.2015 in der Universitätsfrauenklinik in Frankfurt am Main entbunden wurden. Ein Schätzgewicht ≥3800 g stellte keine Indikation zur primären Sectio dar.

Ausgewertet wurden kindliches Geburtsgewicht, Parität, Geburtsmodus incl Indikation, Nabelschnur-pHs, kindliches Outcome und maternale Geburtsverletzungen. Die Entbindung erfolgte standardisiert in aufrechter Gebärhaltung.

Ergebnisse: Aus 1450 ausgewerteten BEL-Entbindungen zwischen 2004 und 2015 hatten 199 Kinder ein Geburtsgewicht von ≥3800 g.

77 Patientinnen erhielten eine elektive Sectio bei maternaler Indikation. (Gruppe 1 -mittleres KG 4290 g, max 4800 g).

Bei 120 Patientinnen konnte ein vaginaler Entbindungsversuch unternommen werden; 72 der Patientinnen wurden vaginal entbunden. (Gruppe 3 – mittleres KG 4050 g, max 4570 g).

49 der Patientinnen mussten aus dem Geburtsverlauf heraus per sekundärer Sectio entbunden werden. (Gruppe 2 – mittleres KG 3980 g, max 5090 g).

Es zeigten sich keine Unterschiede im Outcome.

Ein höheres kindliches Geburtsgewicht führte nicht zu einer höheren Rate an Geburtsverletzungen.

Schlussfolgerung: Auch mit einem erhöhten kindlichen Schätzgewicht kann der Pat. mit einer BEL in einer spezialisierten Entbindungsklinik die Möglichkeit der vaginalen Entbindung angeboten werden. Das kindliche Schätzgewicht allein scheint keine Indikation zum Abweichen zum Abweichen vom initial angestrebten Entbindungsmodus darzustellen.