Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - V4
DOI: 10.1055/s-0033-1343505

Simultangravidität intrauterin und in Sectionarbe

G Seliger 1, B Landstorfer 1, K Jäger 2, T Lantzsch 1, S Seeger 1
  • 1KH St. Elisabeth und St. Barbara Halle/S., Perinatalzentrum
  • 2Frauenarztpraxis Halle/S.

Fragestellung: 35-jährige IV. Gravida, II. Para Z.n. 2x Sectio caesarea (2001 wegen BEL – Kind lebt, gesund; 2011 wegen Z.n. Sectio – Kind nach 7 Monaten verstorben, SID). Aktuell: spontane Zwillingsschwangerschaft, sonografische Detektion nach 6/2 SSW. Der I. Geminus ist im Bereich der Sectionarbe auf Höhe des Isthmus uteri implantiert. Der II. Geminus ist als Intrauteringravidität im Fundus uteri lokalisiert. Beide Embryonen sind entsprechend einer voll. 6. SSW. entwickelt und zeigen eine positive Herzaktion. Die Patientin wird im Perinatalzentrum des St. Elisabeth Krankenhaus Halle (Saale) vorgestellt.

Welche Behandlungsoptionen ergeben sich in dieser Situation? Wie ist unser Therapieprocedere zu bewerten?

Methodik: Elektronische Literaturdatenbank-Recherche (inkl. Medline, The Cochrane Database, UPTODATE), klinikübergreifende Diskussion der Behandlungsoptionen, Beratung des Falles im Ethikforum des Krankenhauses und ausführliche Gespräche mit Patientin und Partner.

Ergebnisse: Die therapeutischen Optionen im Fall einer Simultangravidität in der Sectionarbe sind mannigfaltig: Methotrexat (MTX) systemisch (oral oder i.v., verschiedene Dosierungsmöglichkeiten), MTX lokal mit oder ohne lokaler Aspiration, KCL intraembryonal, chirurgisches Vorgehen (offen oder laparoskopisch) und Embolisation der Arteriae uterinae.

Therapieprocedere im speziellen Fall: Unter Monitoring mittels Ultraschall und ß-HCG-Bestimmungen zunächst sytemische Methotrexatgabe (oral); bei ausbleibendem Therapieerfolg nachfolgend Entscheidung zur systemischen (i.m.) MTX-Dosiseskalation in Kombination mit Leucovorin-Rescue. Nach frustranem Verlauf wurden MTX und KCl intraamnial bzw. intraembryonal appliziert bzw. injiziert. Bei (2x) negativen Herzaktionen erfolgte schließlich die chirurgische Intervention (Ausräumung mittels Curettage) nach Gemeprost-Applikation. 3 Monate später erfolgte bei fortbestehendem Kinderwunsch der Patientin die operative Rekonstruktion im Bereich der Sectionarbe per laparotomiam. Die aktuelle sonografische Nachuntersuchung 3 Monate post laparotomiam zeigte einen physiologisch konfigurierten, anteflektierten Uterus mit regelrechtem Aufbau von Endometrium und Myometrium.

Schlussfolgerung: Es stellt sich derzeit kein Verfahren als zwingend überlegen gegenüber anderen Maßnahmen dar. Insbesondere fehlen Evidenz basierte Daten; veröffentlichte Empfehlungen stützen sich auf Fallbeschreibungen. Daher gilt es, im Einzelfall nach Abwägung sämtlicher Möglichkeiten im Konsens mit der gut informierten Patientin zu entscheiden.