Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P222
DOI: 10.1055/s-0033-1341882

Praxismerkmale und ihre Bedeutung für Schulungen, Überweisungen und Netzhautuntersuchungen bei Typ 2-Diabetikern. Befunde aus dem Disease Management Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 in der Region Nordrhein

B Hagen 1, L Altenhofen 1, S Groos 1, J Kretschmann 1, A Weber 1
  • 1Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln, Germany

Fragestellung: Frühere Analysen zeigten, dass sich in der Region Nordrhein die am DMP teilnehmenden Praxen deutlich darin unterscheiden, in welchem Ausmaß sie ihre Patienten schulen, überweisen bzw. eine regelmäßige Untersuchung der Netzhaut dokumentieren. Untersucht wurde, ob hierfür unter Kontrolle relevanter Patientenmerkmale auch Praxismerkmale wie deren Typ (diabetologische Schwerpunktpraxis, DSP), Größe, der durchschnittliche Qualitätszielerreichungsgrad und die Höhe der Abweichung von diesem bedeutsam sind.

Population und Methoden: 2011 waren 471.297 Patienten in das DMP eingeschrieben (Alter: 67,8 ± 11,9 Jahre; Teilnahmedauer: 57,5 ± 32,2 Monate; 50,1% weiblich; Ärzte: 5.146; Praxen: 3.617). Für jede Praxis wurden die Anzahl Patienten, der mittlere Erreichungsgrad von 6 DMP-Qualitätszielen sowie die Standardabweichung zu diesem Mittelwert bestimmt. Über die Gesamtverteilung dieser drei Indikatoren wurden das 33. und 66. Perzentil errechnet. Der Einfluss der Indikatoren auf eine Patientenschulung, Überweisung und Netzhautuntersuchung wurde demjenigen des Alters, Geschlechts, der Teilnahmedauer, Morbidität und regionalen Qualitätszielerreichung im DMP gegenübergestellt (logistische Regression, Odds Ratios OR und 95%-Konfidenzintervalle CI).

Ergebnisse: Die Perzentile für die Patientenzahl lagen bei 76 und 141 Patienten, diejenigen für die mittlere Zielerreichung bei 71,2 und 78,3%, die für die Standardabweichung bei 18,9 und 25,4%. Unter Kontrolle der oben genannten Faktoren korrelierte die DSP-Betreuung positiv mit einer Schulungsempfehlung (OR 1,25; CI 1,22 – 1,28) bzw. -wahrnehmung (OR 1,12; CI 1,09 – 1,16) sowie einer Netzhautuntersuchung (OR 1,49; CI 1,45 – 1,54). Eine hohe mittlere Zielerreichung der Praxis korrelierte vor allem mit einer Schulungswahrnehmung (OR 1,53; CI 1,48 – 1,58), einer Netzhautuntersuchung (OR 2,26; CI 2,20 – 2,31) und einer Überweisung zur Fußambulanz (OR 2,59; CI 1,75 – 3,83). Die Praxisgröße stand in einem negativen Zusammenhang mit allen Kriteriumsvariablen (bis zu OR 0,66; 0,64 – 0,68), für die Streuung zeigten sich lediglich schwache oder insignifikante Beziehungen. Als bedeutendste Patientenmerkmale erwiesen sich das Alter (bis zu OR 0,33; 0,32 – 0,34), die DMP-Teilnahmedauer (bis zu OR 1,70; 1,66 – 1,75) und die Komorbidität (bis zu OR 2,94; 1,83 – 4,73).

Schlussfolgerungen: Auch unter Berücksichtigung des Einflusses des Alters, der Teilnahmedauer und der Komorbidität der Patienten waren eine allgemein hohe DMP-Qualitätszielerreichung und der Praxistyp (DSP) signifikante positive Prädiktoren der Schulungsaktivität, Überweisungen (hausärztliche Praxen) und regelmäßigen Untersuchung der Netzhaut. Interessanterweise profitierten hiervon Patienten in kleineren Praxen. Herausragende Leistungen der Praxen in einzelnen Qualitätszielen spielten keine große Rolle. Die vorliegenden Befunde deuten auf Unterschiede in der Intensität der haus-fachärztlichen Kooperation der am DMP beteiligten Praxen hin.