Handchir Mikrochir Plast Chir 2013; 45 - V0030
DOI: 10.1055/s-0033-1341610

Autologe Fetttransplantation und Wachstumsfaktoren: Risiko oder Benefit?

N Pallua 1
  • 1RWTH Aachen, Klinik für Plastische, Hand- und Verbrennungschirurgie, Aachen, Deutschland

Einleitung: Bei der Transplantation von Eigenfett bestehen einige offene Fragen zu den logischen Eigenschaften des transplantierten Gewebes. So konnte nachgewiesen werden, dass die Wachstumsfaktoren bFGF, IGF, VEGF und PDGF-BB die Ergebnisse einer autologen Fetttransplantation positiv beeinflussen. Bislang liegen jedoch kaum Daten zu den natürlich vorkommenden Konzentrationen dieser Wachstumsfaktoren in humanem Fettgewebe vor. Zusätzlich ist nur wenig darüber publiziert, welchen Einfluss die intraoperative Aufarbeitung des autologen Fettgewebes (wie z.B. die Zentrifugation) auf die Konzentration dieser Wachstumsfaktoren hat. Welchen Einfluss die mit dem autologen Fettgewebe transplantierten Wachstumsfaktoren auf eine Tumorgenese haben, ist ebenfalls Gegenstand aktueller Diskussionen.

Material und Methodik: Im Rahmen dieser Studie haben wir zunächst die Konzentrationen der Wachstumsfaktoren bFGF, IGF, VEGF und PDGF-BB im nativen Fettaspirat untersucht und diese mit den Konzentrationen in den einzelnen Fraktionen nach Separation mit verschiedenen Zentrifugationszyklen verglichen. Zusätzlich wurden die Konzentrationen der Wachstumsfaktoren in gelagerten, bereits zentrifugierten Gewebeproben, nach 3 und 5 Tagen bestimmt.

In einem weiteren Arbeitsschritt wurde autologes Fettaspirat mit malignen Melanomzellen (MEL-JUSO) und Brustkarzinom-Zellen (MCF-7) über einen Zeitraum von 10 Tagen kokultiviert, um den Einfluss auf eine mögliche Tumorgenese in vitro zu bestimmen.

Ergebnisse: Wir konnten im Rahmen unserer Untersuchungen hohe Konzentrationen von bFGF, IGF-1 sowie signifikante Konzentrationen von VEGF und PDGF-BB im nativen Fettaspirat nachweisen. Dabei zeigte sich jedoch eine erhebliche interindividuelle Differenz in den nachgewiesenen Konzentrationen.

Bei der Untersuchung der einzelnen Fraktionen nach Zentrifugation, fanden sich die höchsten Konzentrationen im zu transplantierenden Fettgewebe. Die Konzentrationen im flüssigen Überstand und Absatz waren dabei statistisch signifikant geringer.

In dem für 3 und 5 Tage gelagertem Lipoaspirat zeigte sich auch nach dieser Zeit noch eine biologische Aktivität, wobei die Konzentrationen der Wachstumsfaktoren noch signifikant, jedoch abhängig von der lagerungsbedingten Hypoxiezeit, nachweisbar waren.

Die Untersuchung der Kookulturen aus humanem Fettaspirat und Tumorzellen konnte eine beschleunigte Tumorgenese in vitro nachweisen. Dabei war im Vergleich das Tumorwachstum für die Melanomzellreihe (MEL-JUSO) signifikant höher als für die Brustkarzinomzellreihe (MCF-7).

Schlussfolgerung: Das Wissen um die natürlich vorkommenden Konzentrationen der verschiedenen Wachstumsfaktoren im Lipoaspirat trägt dazu bei die Transplantation von autologem Fettgewebe sicherer und vorhersehbarer zu machen. Im Hinblick auf die Erfolgsaussichten muss dabei den interidividuellen Unterschieden in der Konzentration dieser Wachstumsfaktoren Rechnung getragen werden.

Die intraoperative Zentrifugation scheint dabei eine angemessene Methode um die Konzentrationen der Wachstumsfaktoren im Fetttransplantat sicherzustellen.

Das von uns in vitro nachgewiesene erhöhte Tumorwachstum von Kokulturen aus autologen Fettzellen und Tumorzellreihen steht im Widerspruch zu aktuellen klinischen Ergebnissen, in denen kein erhöhtes Tumorwachstum nach autologem Fetttransfer nachgewiesen werden konnte. Dieser Effekt sollte daher in weiteren Studien genauer untersucht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten Patienten, welche bereits eine Rekonstruktion mithilfe der autologen Fetttransplantation nach maligner Erkrankung erhalten haben, engmaschig nachuntersucht werden. Die Behandlung sollte zusätzlich erst nach vollständig abgeschlossener Tumortherapie erfolgen.