Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A284
DOI: 10.1055/s-0032-1323447

Die Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb – Ein neues Versorgungsmodell an der Schnittstelle zwischen betrieblicher Betreuung und Konsiliarpsychosomatik – Erste quantitative Ergebnisse zu Nutzerprofil und Inanspruchnahme

E Rothermund 1, R Kilian 2, M Hözler 3, M Krüger 4, D Mayer 5, MA Rieger 6, H Gündel 1
  • 1Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität Ulm, Ulm
  • 2Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm, Ulm
  • 3Sonnenbergklinik, Stuttgart
  • 4CASSIDIAN Medical Services, Unterschleissheim
  • 5Daimler AG, Gesundheitsmanagement, Health & Safety, Sindelfingen
  • 6Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen

An der Schnittstelle zwischen betrieblicher Betreuung und bestehenden ambulanten Angeboten für Menschen mit psychischer Erkrankung entstehen neue Versorgungsmodelle. Triebfeder ist die wachsende Bedeutung psychischer Erkrankungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Zwei große Unternehmen (Daimler AG, Standort Sindelfingen und Untertürkheim, CASSIDIAN, Standort Ulm) haben in Kooperation mit Kliniken vor Ort eine „Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb“ in Form eines Konsiliarmodells eingerichtet. In einer Querschnittsuntersuchung werden im Raum Ulm und im Raum Stuttgart Nutzer untersucht, die entweder die etablierte Ambulanz an der psychosomatischen Klinik oder eine „Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb“ aufsuchen (n=280). Neben der deskriptiven Auswertung erfolgt die latente Klassenanalyse um soziodemographische und klinische Nutzerprofile in Bezug auf den aufgesuchten Behandlungsort zu identifizieren. Erhoben werden die häufigsten psychosomatischen Störungen Angst, Depression und Somatisierung (PHQ-SADS), psychische Gesundheit (SF-12), Arbeitsfähigkeit (WAI) und arbeitsbezogene Beschwerden wie Burnout (MBI) und Irritation (IS) mittels standardisierter psychometrischer Instrumente sowie Art und Ausmaß der Vorbehandlung und Symptomdauer bezogen auf die aktuellen Beschwerden. Bis 08/12 werden Patienten rekrutiert; erste Analyseergebnisse werden vorgestellt. Niedrigschwellige, wenig stigmatisierende und arbeiternehmernahe psychosomatische Behandlung ist das Ziel des neuen Versorgungsbausteins „Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb“. Durch den Konsultationsort in den Räumen des Betriebsmediziners wird die Schwelle niedrig; indem der Psychosomatiker zum Patienten geht statt umgekehrt wird Stigmatisierung reduziert. Dadurch werden Erkrankte früh im Behandlungsverlauf erreicht und einer Chronifizierung entgegengewirkt. Ob mit dem neuen Modell im Kontrast zur Regelversorgung andere Patienten erreicht werden wird in der vorliegenden Untersuchung überprüft.

Förderung: Die Studie wird innerhalb des Nachwuchsprogramms des Netzwerks „Versorgungsforschung Baden-Württemberg“ durchgeführt, das vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren gefördert wird. Die Studienregistrierung lautet: DRKS00003184.