Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - P_39
DOI: 10.1055/s-0032-1314536

Ca2+-abhängige Desensitisierung der Depolarisations-induzierten Insulinsekretion

M Belz 1, K Hatlapatka 1, K Schumacher 1, M Willenborg 1, I Rustenbeck 1
  • 1TU Braunschweig, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Braunschweig, Germany

Fragestellung: Die Depolarisation der Beta-Zellplasmamembran wird als unabdingbar für die stimulierte Insulinsekretion angesehen. Sie wird experimentell durch Hemmung der KATP Kanal-Aktivität mittels eines Sulfonylharnstoffs oder durch eine Erhöhung der extrazellulären Kaliumkonzentration bewirkt. Kürzlich haben wir beobachtet, dass eine länger bestehende Kalium-Depolarisation jedoch zu einem völligen Verlust der sekretorischen Antwort führt. Die zugrunde liegenden Mechanismen wurden untersucht.

Methodik: Die Insulinsekretion wurde an isolierten umströmten Pankreasinseln der Maus gemessen, ebenso die cytosolische Calciumkonzentration ([Ca2+]i) mittels der Fura-Technik. Membranpotentiale und -ströme wurden an einzelnen Beta-Zellen mittels der Patch-Clamp-Technik gemessen.

Ergebnisse: Durch die Erhöhung der extrazellulären Kaliumkonzentration auf 40 mM KCl kommt es zu einer Depolarisation um 40 mV und zu einer starken, „erstphase-artigen“ Sekretionssteigerung in Gegenwart einer basalen Glucose-Konzentration. Wird nach 30min bei fortbestehender Kalium-Depolarisation die Glucosekonzentration auf 10 mM erhöht, so kommt es nach einer vorübergehenden Steigerung zu einer weiteren langsamen Abnahme der Sekretionsrate. Wird statt der Erhöhung der Glucosekonzentration Tolbutamid (50 oder 500µM) hinzugefügt, so schreitet die Abnahme der Sekretionsrate ohne vorübergehende Erhöhung bis zum basalen Sekretionsniveau fort. Das Auswaschen der hohen Kaliumkonzentration führte dann jedoch zu einer vorübergehenden deutlichen Steigerung der Sekretionsrate in Abhängigkeit von der Tolbutamid-Konzentration. Es ist also nicht zu einer Erschöpfung des freisetzbaren Pools an Sekretgranula gekommen. Auch die Depolarisationsstärke und die erhöhte [Ca2+]i waren unvermindert. Die kompensatorische Reduktion der extrazellulären NaCl-Konzentration verhinderte die vollständige Hemmung der Sekretion, sie trat jedoch wieder auf, wenn die NaCl-Reduktion durch das nichtpermeable Cholin-Cl ausgeglichen wurde. Um nun auch die Cl-Konzentration bei der Kalium-Depolarisation konstant zu halten, wurde Kalium-Citrat bzw. ergänzend Cholin-Citrat verwendet. Damit war die vollständige Hemmung bei unveränderter „erstphasen-artiger“ Sekretionsartwort auf 40 mM KCl zu verhindern. Obwohl die Verwendung von Citrat zu einer starken Verminderung der extrazellulären freien Ca2+-Konzentration von 2,5 auf 0,2 mM führte und infolgedessen auch zu einem deutlich verminderten Anstieg der [Ca2+]i durch die Kalium-Depolarisation.

Schlussfolgerung: Der vollständige Rückgang der durch eine stark depolarisierende KCl Konzentration ausgelösten Insulinsekretion trotz fortbestehender Depolarisation und [Ca2+]i-Erhöhung lässt sich als Ca2+-induzierte Desensitisierung der Exozytosemaschinerie interpretieren. Sie ist durch Erhöhung der Glucosekonzentration oder durch extrazelluläre Ca2+-Komplexierung zu antagonisieren.