Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - M_30
DOI: 10.1055/s-0031-1286447

Medikamentöse und operative Prävention des Mammakarzinoms

S Paepke 1, M Kiechle 1
  • 1Frauenklinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

Einleitung:

Die Erkennung genetisch bedingter, familiär gehäuft auftretender Faktoren und endokriner Risikodeterminanten bei der Mammakarzinomentstehung ermöglicht Präventionsansätze für Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko.

Material und Methoden:

  • Unter der Überlegung eines Surrogatmarkermodells, das auf angiogenetisch bedingter Tumorigenese und Tumorpromotion fußt, wurden 106 Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko, eine gesunde (n=234) und eine erkrankte Kontrollgruppe bezüglich angiogenetischer Faktoren untersucht. Gemessen wurden mittels Enzyme-linked Immunoassays (ELISA) im Serum der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF), Insulin-like growth factor-1 (IGF-1) und seine Bindungsproteine (IGFBP).

  • Mittels Fragebögen wurden deutschlandweit repräsentativ 7135 Frauen mit durchschnittlichem oder erhöhtem Brustkrebsrisiko sowie 800 Gynäkologen zu ihrer Meinung zu Früherkennung und Prävention befragt.

  • 2005–2010 wurden 61 prophylaktische Mastektomien durchgeführt; primär prophylaktische Operationen bei positiver Familienanamnese (n=3), BRCA-Mutation (n=5) oder auf Wunsch der Patientin (n=1) und 52 bereits erkrankte Patientinnen bei positiver Familienanamnese (n=15), BRCA-Mutation (n=15) oder hohem Sicherheitsbedürfnis (n=22) als sekundär prophylaktische kontralaterale Mastektomie.

Ergebnisse:

  • Es fanden sich bei hohen intra- und interindividuellen Streubreiten keine signifikanten Unterschiede der VEGF- und IGFBP-Konzentrationen zwischen Risikopatientinnen und Normalkollektiv. Für IGF-1 wurde der Zusammenhang zwischen Menopausestatus, Mammakarzinomrisiko und Serumkonzentration bestätigt.

  • 3597 Frauen (55,3%) bejahen die medikamentöse Prävention; 41,5% mit subjektiv geringem und 74,1% mit subjektiv hohem Brustkrebsrisiko. Eine zielgruppenorientierte realistische Aufklärung über die Möglichkeiten der Früherkennung und Prävention beeinflusst die Teilnahme an Präventionsprogrammen (International Breast Intervention (Prevention) Study II).

  • 16 Ablationes und 45 NSSM wurden durchgeführt. Bei allen NSSM erfolgte eine Sofortrekonstruktion (27x Expander, 17x Implantat, 1x TRAM), zwei Patientinnen mit Ablatio mammae erhielten einen brustrekonstruktiven Eingriff. In den letzten 5 Jahren zeigte sich sowohl eine kontinuierliche Zunahme der pro Jahr durchgeführten prophylaktischen Operationen, als auch eine Zunahme der durchgeführten NSSM. Bei 4 Patientinnen wurde in der gesunden Brust ein pathologischer Zufallsbefund diagnostiziert (2x DCIS, 1x Karzinom, 1x CLIS). Bei den primär prophylaktisch operierten Patientinnen traten keine Neuerkrankungen oder Präkanzerosen, bei den sekundär prophylaktisch operierten Frauen keine Rezidive, Zweitkarzinome oder Metastasen auf.

Diskussion:

Familiär belastete Frauen nehmen in den letzten Jahren zunehmend die Möglichkeiten der medikamentösen und operativen Prävention an. Die deutlichen Verbesserungen der kosmetischen Ergebnisse durch freie Lappen- oder gewebeinterponatunterstützte Implantattechniken erleichtern den betroffenen Frauen die Entscheidung zu prophylaktischen Brustoperationen.